Kolumne: Mein Bauch gehört mir:Germany's Next Topdiet

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Große Versprechen und braungebrannte Männer in der Midlife-Crisis: Auf der Flucht vor den Kilos geht unser Autor durch das Fegefeuer der Diäten: Abnehmen mit David Kirsch.

Jürgen Schmieder

Im Fernsehen gibt es ja eine Menge skurriler Gestalten. Früher kamen sie nach 23 Uhr in irgendwelchen Spartensendern hervor, dann aber im Rudel. Man mochte fast glauben, die Sender bedienten sich bei der Internetseite www.rent-a-dumpfbacke.de. Nun aber sind die Terroristen der Moderation auch ins Prime-Time-Programm vorgedrungen: zu "Germany's Next Topmodel".

Dünn sieht er aus: David Kirsch hat genug Zeit zu trainieren und sich Diätdrinks zu mixen. (Foto: Foto: getty images)

Nein, es geht nicht um die Moderatorin Heidi Klum oder Sidekick Bruce Darnell - beide sind großartig und aus dem deutschen Comedy-TV nicht mehr wegzudenken. Es geht um David Kirsch, den Fitness-Guru, der in einer Folge der Show den Möchtegern-Models gezeigt hat, wie man sich fit hält. Da steht also ein Mensch mit Solarium-Dauerkarte und Jahresmitgliedschaft im Fitnesscenter und erteilt Lektionen im Jung- und Fitsein. Dabei hat er sich die Mundwinkel an den Ohren festgeklebt, damit jeder Mensch die gebleichten Beißerchen sehen kann.

Nichts gegen Herrn Kirsch - der Mann sieht für sein Alter (das sich auch nach gründlicher Recherche nicht herausfinden lässt) blendend aus und ruft laut seiner Lebensplanung erst mit 60 Jahren die Midlife-Crisis aus. Er hat aufgrund seines Erfolgs die Zeit, täglich zwei Stunden hart zu trainieren, sich danach Fitnessdrinks zu mixen und jeden Abend etwas zu essen, das sowohl schmeckt als auch dünn macht. Klar, dass er Models Tipps geben kann, die von Berufs wegen die Zeit haben, täglich zwei Stunden hart zu trainieren, sich danach Fitnessdrinks zu mixen und jeden Abend etwas zu essen, das sowohl schmeckt als auch dünn macht. Deshalb gehören Heidi Klum, Linda Evangelista und Liv Tyler zu seinen Kunden.

Nach der Sendung will ich mich aufregen, dass Menschen wie David Kirsch anderen Menschen - mir etwa - die Lust an der Diät versauen. Wie soll man sich als junger Moppel über ein verlorenes Pfund freuen, wenn im Fernsehen einer durchs Bild hoppelt, der einem vor Augen führt, dass noch viel mehr ginge? Ich habe nicht die Zeit, jeden Abend ins Studio zu laufen.

Aber David Kirsch versucht weiter, mich in seinen Bann zu ziehen: In der neuen Ausgabe der Zeitschrift Shape gibt es ein Kartenset mit der Aufschrift "In zehn Minuten schlank". Darunter steht ein braungebrannter David Kirsch in Tschaka-Position: die Arme zu zwei Becker-Fäusten angewinkelt, einen Fuß nach oben - die Mundwinkel habe ich weiter oben schon beschrieben ...

Die Ankündigung ist vielversprechend: "Vier knackige Workouts, die schlank machen und die jede Problemzone verschwinden lassen! Das Beste: Für jedes brauchen Sie nur zehn Minuten!" Wenn das klappt, höre ich sofort auf, jede Woche eine andere Diät zu machen.

Ich starte mit dem Workout für Bauch und Rücken. Die erste Übung heißt Superwoman. Auf dem Bild ist nicht David Kirsch, sondern seine nicht minder gebräunte Kollegin zu sehen. Ich muss mich auf den Bauch legen, die Hände hinter den Kopf NEHMEN, die Füße sind ausgestreckt. Dann soll ich Kopf und Füße anheben und zehn Sekunden in der Luft halten. Ich schaukle hin und her, weil mein Bauch nicht flach ist wie der von Kirschs Partnerin. Auf dem Spielplatz im Park könnte man die Wippe abbauen und stattdessen mich installieren.

Egal, weiter zum nächsten Workout: Step & Twist heißt die Übung. Dafür muss ich einen Ball vor den Körper halten, dann einen Ausfallschritt nach vorne rechts machen und den Oberkörper nach links drehen. Das funktioniert prima, nur meine Frau guckt ein wenig irritiert, als sie mich - halb kniend und halb flehend - im Wohnzimmer entdeckt. "Sieht nach Heiratsantrag aus", findet sie und freut sich, dass ich auch nach einem Jahr Ehe noch romantisch bin. Nur über den Ball, den ich ihr überreiche, wundert sie sich. Sie hätte eher etwas von Tiffany's erwartet.

Als weitere Übungen folgen der Taillen-Crunch, der Ball-Stütz und die Ball-Führung. Funktioniert prima, so stelle ich mir Schwangerschaftsgymnastik vor. Würde auch bestens zu meinem Bauch passen.

Im Laufe der Woche versuche ich auch die anderen Workout-Variationen: Ganzkörper, Arme & Schultern, Beine & Po. Um ehrlich zu sein, verläuft alles recht unspektakulär - außer, dass ich bei einigen Übungen zur Belustigung meiner Frau beitrage, weil ich einfach zu ungeschickt bin, sie umzusetzen.

Die Kurz-Diät von David Kirsch hat keine Erfolge gebracht, was vielleicht auch daran liegt, dass ich sie nur eine Woche durchgehalten habe. Vielleicht sollte ich mich mal an ein längerfristiges Projekt machen und die New York Diet probieren.

Danach melde ich mich auch für die männliche Staffel von "Germany's Next Topmodel" an. Nicht um zu gewinnen. Sondern um Heidi Klum zu treffen.

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