Infarktrisiko:Die Last des Rettungsrings

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In ihren Dreißigern und Vierzigern legen viele Menschen einige Zentimeter Bauchumfang zu. Gerade diese Polster sind gefährlich für das Herz.

Werner Bartens

Dicke haben es schwer. Sie müssen nicht nur überflüssige Pfunde mit sich herumtragen, sie werden auch noch verspottet. War Übergewicht in früheren Zeiten ein Ausweis von Wohlstand, wird es in Ländern, die als wohlhabend gelten, inzwischen hauptsächlich als Gesundheitsrisiko und Zeichen mangelnder Disziplin gesehen. Neben Diabetes, Gicht und Arthrose scheint Übergewicht besonders Erkrankungen von Herz und Kreislauf auszulösen.

(Foto: Foto: dpa)

Doch dick ist nicht gleich dick. Seit einigen Jahren weisen Forscher darauf hin, dass die Verteilung des Fettgewebes das kardiovaskuläre Risiko entscheidend beeinflusst und der Grad des Übergewichts allein wenig aussagt - so leben beispielsweise fitte Dicke länger als schlappe Schlanke.

Ärzte der University of Texas in Dallas haben nun untersucht, ob das Verhältnis von Taille zu Hüfte damit zusammenhängt, wie stark die Herzkranzgefäße verkalken ( Journal of the American College of Cardiology, online).

Die Kardiologen haben nahezu 3000 Erwachsene im Alter zwischen 18 und 65 Jahren in ihre Studie einbezogen. Die gesunden Freiwilligen wurden ausführlich medizinisch untersucht. Mittels Computertomographie erfassten die Ärzte den Zustand der Koronararterien. "Unsere Studie zeigt, dass Leute, die um den Bauch herum Fettpolster anlegen, mehr atherosklerotische Ablagerungen haben als diejenigen mit einem niedrigeren Verhältnis von Taille zu Hüfte", sagt der Internist James de Lemos, der die Studie geleitet hat.

Die im Englischen so bezeichnete Waist-to-hip-ratio (WHR) beträgt für Frauen idealerweise 0,7 und für Männer 0,9. Steigt der Wert und damit der Hüftumfang, droht Gefahr für die Gesundheit - das Risiko für Tumore und Gefäßleiden erhöht sich und die Fruchtbarkeit sinkt.

In der aktuellen Studie wurden die Probanden in fünf Gruppen aufsteigend nach ihrer WHR aufgeteilt. Bei den Teilnehmern mit dem schlechtesten Taille-Hüfte-Verhältnis fanden sich mehr als doppelt so oft Kalkablagerungen in den Herzkranzgefäßen als bei denjenigen mit dem niedrigsten Quotienten. Das Risiko für Verkalkungen der Hauptschlagader war sogar dreimal so hoch in der Gruppe mit der höchsten WHR.

"In unseren Dreißigern und Vierzigern legen wir oft zehn, zwölf Zentimeter am Bauch zu", sagt James de Lemos. "Es ist ein täglicher Kampf, von Mahlzeit zu Mahlzeit, aber er ist es wert. Selbst ein schmaler Rettungsring erhöht das Risiko im Vergleich zu einem flachen Bauch."

Der Body-Mass-Index (Gewicht geteilt durch die Größe im Quadrat), sei jedenfalls zu ungenau, um das Risiko durch Übergewicht zu bemessen. "Das Verhältnis von Taille zu Hüfte kann einfach gemessen werden", sagt Raimund Erbel vom Westdeutschen Herzzentrum in Essen. "Zudem sagt es mehr aus, als der Body-Mass-Index oder der Taillenumfang allein." Die Taille wird auf Höhe des Bauchnabels gemessen, die Hüfte an der breitesten Stelle des Beckens.

Dass Fett unterschiedlich gefährlich ist, erklären Forscher durch dessen variable biologische Aktivität. Rund um die Taille ist es offenbar ständig im Umbau und gibt entzündungsfördernde Eiweißstoffe ab, die Verkalkungen in den Blutgefäßen begünstigen. Das Fett an der Hüfte ist stoffwechselträge. "Man muss nicht immer den Teller leer essen", empfiehlt James de Lemos. "Besser ist es, Essen wegzuwerfen, als es am Bauch anzulagern."

© SZ vom 14.08.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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