Große Frauen: Sophie Scholl:Die Patriotin als Heldin

Lesezeit: 2 min

Wie kaum eine Andere bewies Sophie Scholl Mut und sorgte so dafür, dass im deutschen Namen ein kleiner Rest Würde bewahrt wurde.

Paul Katzenberger

Sophie Scholl wurde keine 22 Jahre alt, und dennoch gilt sie bis heute als eines der großen Vorbilder ganzer Generationen.

Undatiertes Foto von Hans Scholl, Sophie Scholl und Christoph Probst (v.l.n.r.). (Foto: Foto: AP)

Dabei genießt Sophie Scholl heute einen Heldenstatus, der über die Anerkennung für ihre Mitstreiter im Zirkel der Widerstandsgruppe "Weiße Rose" hinausgeht. Der selbstlosen Sophie Scholl selbst wäre das wohl unangenehm gewesen, da sie ihre Leistungen sicher nicht höher als die ihrer Mitstreiter eingeschätzt hätte. Die waren in der Regel allerdings Männer und Todesmut gilt auch noch im 21. Jahrhundert als männliches Privileg.

Die Antithese dazu ist Sophie Scholl und deswegen verdient sie in besonderem Maße Ehre: Obwohl ihr Bruder Hans sie immer aus der "Weiße Rose" heraushalten wollte, drängte sich die unerschrockene Sophie regelrecht in die Gruppe hinein. Als sich ganze Volk wegduckte, beteiligte sie sich an der lebensgefährlichen Herstellung und Verbreitung der kritischen Flugblätter, die im deutschen Namen einen kleinen Rest Würde bewahrten.

Die in München, Köln, Stuttgart, Berlin und Wien verteilten Flugschriften erinnerten die Menschen in unmenschlichen Zeiten an jene Prinzipien der Humanität, die inzwischen als selbstverständlich gelten.

Als Sophie Scholl am 18. Februar 1943 schließlich gemeinsam mit ihrem Bruder in der Münchner Universität bei einer Flugblattaktion gefasst und der Gestapo übergeben wurde, bewies sie ihre Integrität in nahezu übermenschlicher Weise: Den Tod vor Augen schützte sie ihre Freunde konsequent und stellte sich selbst als Hauptakteurin dar.

Dies der breiten deutschen Öffentlichkeit noch einmal in Erinnerung gerufen zu haben, ist das Verdienst von Julia Jentsch. Die als Sophie inzwischen zu Starruhm gelangte Jentsch stellte die Widerstandskämpferin in Marc Rothemunds Streifen "Sophie Scholl - die letzten Tage" derart überzeugend dar, dass sie einen "Silbernen Bären" als beste Darstellerin bei der Berlinale 2005 und eine Oscar-Nominierung ergatterte.

Der Film löst noch immer Betroffenheit aus, aber er befremdet den heutigen Betrachter zum Teil auch: Denn Sophie Scholls Antrieb lag zu einem gewichtigen Teil in einem festgefügten Wertesystem mit einem kräftigen Schuss Patriotismus, der uns heute nicht zuletzt wegen des Nationalsozialismus obsolet erscheint. Zwar gebiert auch die heutige Zeit nationale Helden, die ihren Auftritt in diversen Sommer- und Wintermärchen haben. Ob es den Tiefgang einer Sophie Scholl in der Spaßgesellschaft aber noch geben könnte, erscheint dem Betrachter von Rothemunds Film irgendwie zweifelhaft.

Insofern ist es gut zu wissen, dass auch Sophie Scholl noch ihren Platz in unserer Zeit hat und an ihrem 60. Todestag am 22. Februar 2003 mit einer Büste in der Regensburger Ruhmeshalle Walhalla geehrt wurde.

Die Deutschen leben heute in allem Wohlstand in einem freien Rechtsstaat. Das Andenken an eine Frau zu bewahren, die in einer sehr viel schwierigeren Zeit zur Heldin wurde, ist das Mindeste was Sophie Scholl an einem Tag wie dem Internationalen Frauentag von ihren Landsleuten gewährt werden kann.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: