Fitnesswahn in Hollywood:"Sie fühlt sich an wie ein Knorpel"

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Unter Prominenten nimmt der Fitnesswahn immer groteskere Züge an - Madonnas Ehe soll an ihrer Sportsucht gescheitert sein.

Christian Mayer

Als Marlene Dietrich eine Göttin in Hollywood war, durfte sie sich noch gehen lassen; Glamour und Phlegma waren kein Gegensatz für eine Frau ihrer Klasse. Wahrscheinlich wäre ihr es nie in den Sinn gekommen, ausgerechnet den Fitness-Trainer zu verführen - solche Leute rauchen und trinken ja nicht mal. Damals konnten es sich die Großen des Showgeschäfts erlauben, mit einem unmodellierten Körper eine Bühne zu betreten; ein Frauenbein durfte noch weich und weiblich sein.

Madonna - zu viel Sport für den Mann? (Foto: Foto: AP)

Die Dietrich gefiel sich so, wie sie war, zumindest wirkt ihre Pose für heutige Betrachter aufreizend lässig: "I'm the laziest girl in town", pflegte sie bei Konzerten ins Mikrofon zu hauchen. Ich bin das faulste Mädchen der Stadt, so geht der Liedtext, nichts regt mich auf, nichts bringt mich aus der Ruhe.

Einfach ausspannen in der sprichwörtlichen Hollywood-Schaukel, das geht nicht mehr. Wer in der Hochglanzwelt mitspielen will, muss sich dem Diktat der durchtrainierten Gesellschaft beugen. Sogar nach der Babypause sehen die Stars aus wie nach einem Trainingscamp für Marathonläufer: Angelina Jolie gibt die sehnige Übermutter, Halle Berry brilliert als 42-jährige Katzenfrau im Körper eines Teenagers, Milla Jovovich lässt sich von einem kanadischen Bauchweg-Guru in Form bringen, Cameron Diaz verbringt jede freie Minute auf dem Surfbrett.

US-Außenministerin Condoleezza Rice absolviert täglich eine militärische Einheit, frühmorgens um halb fünf beginnt sie mit einem erbarmungslosen Bizeps-, Bauch- und Rückentraining.

Madonna hat es jetzt ein wenig übertrieben. Dass sich die 50-jährige Popdiva gerne körperlich verausgabt, war ja schon länger bekannt; dass sie Arme hat wie eine Weltmeisterin im Bogenschießen, blieb den Lesern einschlägiger Gazetten nicht vorenthalten. Doch nun, nach ihrer Trennung von Ehemann Guy Ritchie, kommen immer mehr Details aus dem Leben der fanatischen Bodybuilderin ans Licht.

Wie immer sind es "gute Freunde des Paares", die angeblich in der Boulevardpresse ausplaudern, was ohnehin jeder weiß: Madonna widmet sich täglich mehrere Stunden lang ihrem Körper, mit immer härteren Methoden konserviert sie ihre Waschbrettstruktur, und ebenso halsbrecherisch sind ihre Konzertauftritte als stählerne Amazone.

Guy Ritchie soll sich in vertraulicher Runde ziemlich abwertend über seine Ehefrau geäußert haben, die nie Zeit für ihn gehabt habe: "Sie fühlt sich an wie ein Stück Knorpel."

Zu viel sport, zu wenig Sex?

Ob dieser Satz so gefallen ist, sei dahingestellt; auch das Gerücht, Madonna habe nach ihrer täglichen Vier-Stunden-Schicht im Gerätestudio schon lange keine Lust mehr auf Sex gehabt, lässt sich schwer überprüfen. Jedenfalls ist es bezeichnend, dass die heutige Generation der Hollywood-Stars und Popgrößen weniger durch Skandale und Randale auffällt als durch eiserne Disziplin und Dauerlauf.

Starbetreuer wie David Kirsch und Harley Pasternak sind inzwischen selbst Berühmtheiten, sie sind hoffähig, weil sie mehr wissen über die intimsten Dinge ihrer Klientinnen als der Ehemann. Der Fitness-Trainer ersetzt den Geliebten, Sport ist wichtiger als Sex, und wenn sich tatsächlich mal was tut im braven Hollywood, hat sich das neue Paar garantiert im Mountainbike-Camp in Colorado kennengelernt.

Längst hat der Körperkult seinen Weg ins Kino gefunden. Schon in "American Beauty" musste Kevin Spacey seine Ehekrise mit Hanteltraining und einer pausenlosen Hechelei bewältigen. Die aktuelle Komödie der Coen-Brüder "Burn After Reading" spielt jetzt sogar komplett in der Fitness-Szene, mit Brad Pitt und Frances McDormand als Antreiber am Laufband. Die Heldin des Films träumt von neuen, festen Brüsten, und der Mann ihrer Träume, dargestellt von George Clooney, rennt täglich seine fünf Meilen durch die Stadt, sonst würde er sofort durchdrehen.

Immerhin, bei den Coen-Brüdern haben die Menschen noch ein Bedürfnis nach Liebe, so viel Zeit muss sein zwischen den Trainingseinheiten. Bei Madonna sind sich die Promi-Experten nicht mehr ganz so sicher. Obwohl ihr inzwischen eine neue Affäre mit dem Baseball-Profi Alex Rodriguez unterstellt wird. Der Mann ist 33, verfügt über monumentale Oberarme und hat vielleicht mehr Verständnis für Madonna.

© SZ vom 21.10.2008/bilu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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