Fernbusse:Umsteiger

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Bus oder ICE? Fernbusse dürfen nur Städte verbinden, die mehr als 50 Kilometer voneinander entfernt sind. Denn sie sollen Regionalzügen nicht schaden. (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Immer mehr Reisende in Deutschland nehmen lieber einen Bus als den Zug. Die Bahn versucht, sich gegen die billige Konkurrenz zu wehren.

Von Marco Völklein

Wer in Deutschland bis vor ein paar Jahren Verwandte in einer anderen Stadt besuchen wollte, der hatte meist drei Möglichkeiten, um dorthin zu kommen: Er fuhr mit dem Auto, er flog mit dem Flugzeug. Oder er reiste mit dem Zug. In den USA, in Spanien oder England gab es noch eine vierte Möglichkeit: Dort fuhren viele Menschen mit dem Bus in weit entfernte Ziele. Ähnlich wie die Bahn fuhren diese Fernbusse nach einem festen Fahrplan zu ganz bestimmten Zeiten.

In Deutschland war dies über viele Jahrzehnte untersagt; ein Gesetz aus den Dreißigerjahren schrieb vor, dass ausschließlich die Bahn mit ihren Zügen die Städte in Deutschland miteinander verbinden durfte. Die Idee dahinter: Mit dem Geld, das die damalige Reichsbahn einfuhr, wurde der Bau der ersten Autobahnen bezahlt. In den Jahrzehnten nach dem Krieg packte dann niemand das Gesetz an; auch deshalb, weil die Bahn Strecken aufs platte Land befuhr, die nicht gewinnbringend waren. Sie wurde dafür gegen Konkurrenz auf ihren wichtigen Hauptstrecken geschützt. Nur in einer Hinsicht wurde das Fernbus-Verbot gelockert: Im Verkehr von und nach Berlin waren Busse erlaubt.

Im Jahr 2012 änderten die Politiker dann doch das Gesetz - zumal Erfahrungen aus dem Ausland zeigten, dass es mit Fernbussen gelingen kann, Autofahrer aus ihren Blechkisten zum Umstieg auf Busse zu bewegen. Unterm Strich sind somit dann weniger Autos unterwegs, die Luft wird weniger verpestet. Seither drängen viele Busfirmen auf den Markt. Mittlerweile haben die Anbieter sogar so viele Fahrgäste aus den Zügen zu sich herüberlocken können, dass die Bahn ein Problem bekommen hat: Sie verdient nun deutlich weniger und muss sich etwas einfallen lassen, wie sie es schafft, dass wieder mehr Passagiere in Züge steigen.

Deshalb will die Bahn in Zukunft mehr Züge fahren lassen. Diese werden gerade in Fabriken gebaut und sollen von 2017 an rollen. Außerdem sollen diese zusätzlichen Züge auch wieder an Bahnhöfen in kleineren Städten halten. Zuletzt hatte die Bahn ihre Fernzüge vor allem zwischen den großen Städten hin- und herdüsen lassen und kleinere Städte vom Netz abgehängt. Diese Lücke hatten die Fernbus-Anbieter erkannt - und mit ihren Bussen diese Städte bedient. Auch das hatte dazu geführt, dass so viele Kunden nun lieber Bus statt Bahn fahren.

Manche Politiker warnen bereits: Wenn das so weitergeht, könnten am Ende die Fernbusse der Bahn so sehr schaden, dass diese vielleicht gar keine Fernzüge mehr fahren lässt. Im Übrigen streiten die Politiker mit den Leuten von der Bahn darüber, ob man Busse und Züge gleich behandeln sollte. Denn die Bahn muss für die Instandhaltung ihrer Gleise und Bahnhöfe selbst aufkommen; die Busse müssen keine Gebühren zahlen, wenn sie die Autobahnen benutzen. Die Bahn findet: Das ist unfair.

Fernbusse in Deutschland

Mittlerweile lassen viele Firmen Fernbusse durch die Gegend fahren. Es gibt beispielsweise gelbe Busse von der Post, grüne des Anbieters Meinfernbus oder blaue Busse von Deinbus. Auch die Deutsche Bahn setzt Fernbusse ein. Sie alle verbinden nach einem festen Fahrplan die Städte miteinander. Vor allem rund um Weihnachten, wenn viele Menschen zu ihren Verwandten fahren, ist viel los. Dann ist schon viele Tage vor einer Fahrt kaum ein Ticket zu bekommen. Fernbusse sind oft billiger als die Züge der Bahn: So kostet ein Bahnticket von München nach Stuttgart mindestens 19 Euro; die Busfahrt ist, sofern man früh genug bucht, für acht oder gar einen Euro zu haben.

© SZ vom 17.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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