Drogen:Tödliche Halluzinationen

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In Amsterdam haben Drogenpilze Hochsaison - doch ihre Wirkung ist gefährlich. Sogar einen Todesfall hat es bereits gegeben.

Siggi Weidemann

Der Himmel über Amsterdam sollte in einem phantastischen Blau erstrahlen. Der junge Mann sollte sich vor Lachen ausschütten, seine trübe Stimmung wie weggeblasen sein. Das alles versprach der Verkäufer eines Smartshops einem 19-jährigen Isländer. Was der dafür tun musste? Ganz einfach, ein paar halluzinogene Pilze kaufen, am besten eine Mischung thailändischer und mexikanischer Sorten.

Spitzkegeliger Kahlkopf - ein halluzinogener Pilz. (Foto: Foto: Patrick Ullrich/GNO-Lizenz)

Der Isländer griff zu. Doch nachdem er die Pilze im Hotelzimmer probiert hatte, stellte sich eine völlig andere Wirkung ein. Der junge Mann bekam Angstanfälle, fühlte sich verfolgt, geriet in Panik - und sprang aus dem Fenster. Dabei wurde er schwer verletzt. Seitdem sitzt er im Rollstuhl.

Der 19-Jährige wird wohl nie mehr richtig laufen können, und was aus seiner Lehre als Zimmermann wird, ist ungewiss. Dabei hatte der Junge noch Glück gehabt. Ein Mädchen war zuvor nach dem Genuss von Pilzen in Panik von einer Brücke gesprungen.

Amokfahrt nach Pilzgenuss

Die 17-jährige Französin überlebte den Sprung nicht. Ein britischer Tourist zertrümmerte nach dem Pilzgenuss sein Hotelzimmer, warf Gegenstände aus dem Fenster, mit denen ein Spaziergänger verletzt wurde. Und ein 27-jähriger Däne fuhr auf einem Campingplatz Amok, nachdem er Joints geraucht und Pilze gegessen hatte.

Die Zahl der bekanntgewordenen Vorfälle, die im Zusammenhang mit der Einnahme von halluzinogenen Pilzen stehen, steigt immer dann an, wenn sich die Grachtenstadt mit jungen Ausländern füllt. 120 Vorfälle wurden in diesem Jahr allein in Amsterdam registriert.

Betroffen sind fast nur jugendliche ausländische Touristen, die in die niederländische Hauptstadt nicht nur wegen der Coffeeshops reisen, in denen man Haschisch und Marihuana kaufen und rauchen kann, sondern auch wegen der Smartshops. In denen werden Pilze mit schönen Namen wie Colombian, Hawaiian oder Philosopher's Stone angeboten. Allesamt Sorten, die zu Halluzinationen führen können.

Wird der Verkauf verboten?

Wie die Coffeeshops werden auch die Smartshops geduldet, wenn sie sich an bestimmte Regeln halten. So dürfen nur frische und keine getrockneten Pilze verkauft werden - und keine Produkte, in denen Pilze verarbeitet sind. Als besonders gefährlich gilt Schokolade, die Pilze enthält.

Die Zunahme von Unglücksfällen in Zusammenhang mit Drogenpilzen hat die Politik alarmiert. Gesundheitsminister Ab Klink lässt zur Zeit prüfen, ob der Verkauf verboten werden kann. Das wird von einer Mehrheit des Parlaments unterstützt. Es sind vor allem die regierenden Christlichen Demokraten und die Christen-Union, denen die liberale Drogenpolitik Sorgen bereitet, weil sie dem Image des Landes schade.

Die Stadt Amsterdam lehnt ein Verbot der Smartshops ab, will aber mehr kontrollieren. Vier Shops wurden inzwischen wegen Übertretung des Opiumgesetzes geschlossen. Ins Gewicht fällt das nicht besonders: Wegen der großen Nachfrage ist bei den holländischen Pilzzuchtbetrieben in diesen Wochen Hochsaison.

© SZ vom 27.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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