Die Folgen des Alters:Alt werden? Ja! Alt sein? Niemals!

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Davor fürchten sich Menschen im Alter: Falten, mangelnde Lust, Inkontinenz. Wie muss man sich ein Altersheim in 50 Jahren vorstellen?

Jürgen Schmieder

Es gibt eine Szene am Ende des Films "Rocky III", in der die Protagonisten Rocky und Apollo Creed zu einem Trainingskampf antreten. Zwei alternde Boxer stehen sich gegenüber und Apollo sagt: "Zu schade, dass wir alt werden müssen!" Dann läuten sie eine imaginäre Glocke und legen los.

Entertainer Corny Littmann im Theaterstück "Villa Sonnenschein": kein Problem im Altersheim. (Foto: Foto: dpa)

Als Kind möchte man so schnell wie möglich alt werden. Man will in die Disko, auf die Autobahn und in die Wahlkabine. Dann aber will man sich am liebsten in Dorian Gray verwandeln und ewig jung bleiben, während ein Gemälde für einen altert. Jeder will lang leben, aber niemand will alt sein.

Die Firma Roper Consulting hat nun eine Studie zu den verschiedenen Aspekten des Altwerdens herausgebracht. 39.000 Menschen weltweit wurden befragt. Vor allem gehen die Forscher der Frage nach: Wovor haben die Menschen am meisten Angst?

Die Antworten sind wenig überraschend: Furcht vor Falten, Angst vor nachlassender Libido, Gewichtsprobleme und Einschränkung ihrer Aufmerksamkeit. Nichts außergewöhnliches. Vor allem geht es immer um die eigene Person: schlechtes Aussehen, mangelnde Lust, Gedächtnisschwund. Soziale Aspekte kümmern kaum jemanden, Vereinsamung etwa oder das Abgeschobenwerden. Scheint alles nicht so schlimm zu sein, solange man gut aussieht und Sex haben kann.

Die Studie arbeitet vor allem die Unterschiede im internationalen Vergleich heraus. Was kümmert den Brasilianer, was fürchtet der Japaner, wovor haben die Deutschen Angst? Die stark divergierenden Antworten verführen zum Nachdenken über eine internationale Altersheim-WG in, sagen wir, 50 Jahren.

Im Zimmer links ein brasilianischer Viagra-Junkie, der sich an die Pflegerinnen ranmacht. Daneben ein Koreaner mit Monatspackung an Faltencremes, die er dem Schweden mit einem diabolischen Lächeln verweigert. Im zweiten Stock ein Weight-Watchers-Amerikaner, der dem schwedischen Hypochonder heimlich den Nachtisch klaut und sich mit ihm über das Gesundheitssystem streitet. Der paranoide Japaner - keiner der Befragten war angstfrei - spioniert beim Inder, welches Haarteil er für den heutigen Tag wählt und ob er schon inkontinent geworden ist. Die Pfleger haben derweil alle Hände voll zu tun, weil es im Gemeinschaftsraum einen Tumult gibt. Man streitet, wer denn nun der Abhängigste von allen ist.

Wie gut, dass man als Deutscher ganz relaxed in seinem Zimmer sitzt. Kein Wunder: Gerade kam der Ägypter mit einer Wasserpfeife vorbei. Der nämlich hat vor gar nichts Angst und überhaupt kein Problem damit, alt zu sein. Von dem kann man nur lernen. Und vielleicht schauen in ein paar Stunden auch noch Rocky und Apollo Creed vorbei.

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