Wissenschaft:Digital voran

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Die Mediävistin Bettina Wagner hat als neue Direktorin der Staatsbibliothek in Bamberg ehrgeizige Pläne

Von Florian Welle, Bamberg

2018 ist es soweit. Dann feiert das Welterbe "Altstadt von Bamberg" sein 25-jähriges Bestehen. Dazu möchte auch Bettina Wagner, die neue Direktorin der Staatsbibliothek in Bamberg, ihren Beitrag leisten. Sie will jene berühmten Handschriften aus dem Bibliotheksbesitz in einer großen Ausstellung präsentieren, die mittlerweile im Unesco-Register "Memory of the World" verzeichnet sind. Dabei handelt es sich um die "Bamberger Apokalypse", den "Hoheliedkommentar" sowie seit 2013 das "Lorscher Arzneibuch". Ob in zwei Jahren wirklich alle drei Schriftstücke gezeigt werden können, hänge, so Bettina Wagner, von mehreren Faktoren ab und sei bislang noch offen.

Voraussetzung für die Präsentation der wertvollen Schriftstücke ist zunächst die ausstellungstechnische Ertüchtigung der als zu dunkel empfundenen Räumlichkeiten in der Bamberger Staatsbibliothek. Diese auf den Weg zu bringen, wird eine der ersten Amtshandlungen Wagners sein. Die gebürtige Würzburgerin hat am 1. Oktober dieses Jahres die Nachfolge Werner Taegerts angetreten, der seit 2006 die Staatsbibliothek geleitet und sich in dieser Zeit viele Verdienste erworben hat. Taegert kuratierte etliche sehenswerte Ausstellungen wie "Liturgische Bücherpracht". Vor allem aber trieb er die Digitalisierung voran. So ist die sogenannte Kaiser-Heinrich-Bibliothek, auf der vor allem der Ruf der Staatsbibliothek in Bamberg als Forschungsstätte von weltweiter Strahlkraft fußt, mittlerweile vollständig online einsehbar. In Taegerts Amtszeit fällt auch die Aufnahme des "Lorscher Arzneibuchs" in das Weltdokumentenerbe.

Sehr ungern habe man Bettina Wagner von München nach Bamberg ziehen lassen, sagt Klaus Ceynowa, der Generaldirektor der Bayerischen Staatlichen Bibliotheken, bei der Vorstellung der neuen Direktorin. Schließlich sei Wagner eine international anerkannte und bestens vernetzte Expertin auf dem Gebiet der Inkunabel-Forschung. An der Bayerischen Staatsbibliothek habe sie gut 20 Jahre lang herausragende Arbeit geleistet. Davor war die promovierte Mediävistin jahrelang an der Bodleian Library der Universität Oxford tätig. Bettina Wagner begründete ihre Entscheidung, München gen Franken zu verlassen, mit dem Wunsch, den "Elfenbeinturm der reinen Tiefenerschließung" zu verlassen und sich wieder "breiter aufzustellen". Was sie mit breiter meint, wird klar, wenn man sich die zukünftigen Schwerpunkte anschaut. Da ist zum Beispiel ihre Absicht, die Staatsbibliothek in eine für jeden Interessierten leicht zugängliche Forschungsbibliothek auszubauen. Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit mit der Bamberger Universität durch Seminare forciert werden. Die Forschung am Objekt sei zum Verständnis eines Werkes oder einer historischen Epoche weiterhin absolut unerlässlich, wurde Wagner vor dem Hintergrund eines neuen Forschungstrends nicht müde zu betonen: den Materialwissenschaften.

Aber natürlich geht die Digitalisierung der Bestände auch unter Wagner weiter. So werden in Zusammenarbeit mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft die 2800 Druckgrafiken aus der Zeit Albrecht Dürers digital erschlossen. Nicht zuletzt wird es Arbeitsprojekte im Bereich der modernen Literatur geben. Dazu gehört möglicherweise eine E.T.A.-Hoffmann-App, auf alle Fälle aber die Aufarbeitung des Nachlasses des 2007 in Bamberg gestorbenen Schriftstellers und Joyce-Übersetzers Hans Wollschläger. "Ich freue mich auf Bamberg und meine Arbeit", sagte Bettina Wagner.

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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