Wann immer ich über die Wiese zur Pinakothek der Moderne gehe, begegne ich der Skulpturengruppe "Buscando la Luz" von Eduardo Chillida. Dieses massive verrostete Eisenmonument besteht aus drei Stelen, die auf jeweils drei Seiten von ihrem quadratischen Grund aus haushoch nach oben streben. Dabei weitet sich jedes Element in sanften Wellenbewegungen nach außen. Ihre offenen Seiten sind einander zugewandt, als kommunizierten sie miteinander. Deshalb verkörpern diese drei Stelen für mich drei Gesprächspartner.
Immer wieder werde ich von dieser Skulpturengruppe magnetisch in ihre Mitte gezogen. Die geöffneten Seiten der Hohlkörper empfangen mich wie mit offenen Armen, nehmen mich auf in ihren Kreis und machen mich zu einem Teil des Kunstwerks. Die erdfarbenen Stelen schirmen die Außenwelt ab und lenken meinen Blick zum Himmel. Nach oben hin öffnen sich die Körper trichterförmig der Sonne entgegen und gleichen einer Blume auf der Suche nach dem Licht.
Eduardo Chillida umrahmt den Himmel mit seiner Skulptur. Von meiner Warte aus innerhalb der Skulptur betrachte ich den Himmel wie ein Bild, durch das sich die Wolken bewegen, Vögel oder Flugzeuge fliegen oder Blätter fallen. Die Öffnung des Trichters wird zu einer Einladung, einer Hommage an die Sonne. Sie wird förmlich eingesaugt und ihre Wärme über das Metall nach innen abgegeben.
Für den Künstler sind Licht und die Leere des Raumes tatsächlich wichtige und eigenständige Bestandteile seiner Plastiken, die er als Materialien begreift und ebenso absichtsvoll einsetzt wie seinen haptischen Werkstoff. Dieses Spiel mit den Dimensionen und dem leeren Raum ist es, was mich an den Arbeiten von Chillida faszinierte, seit ich vor über zwanzig Jahren bei einer befreundeten Galeristin eine wunderschöne Terracottaskulptur (eine seiner "Lurra"-Arbeiten) sah, die wie ein drei-dimensionales Puzzle erscheint. Auch hier sind es die leeren Räume zwischen den Elementen, die durch ihr Schattenspiel die eigentliche Attraktion der Skulptur bilden, die in ihrer äußeren Form ein simpler Kubus ist. Auch Chillidas schwarz-weiße Papierkollagen (seine "Gravitaciónes") liebe ich sehr. Sie spielen mit dem Licht und dem Schatten, die zwischen den hängenden Papierelementen und dem Hintergrund entstehen.
Es gibt aber noch einen Grund, warum mir die drei Stelen von "Buscando la Luz" so vertraut geworden sind: sie symbolisieren für mich die drei Pinakotheken, in deren Mitte sie stehen. Die Pinakotheken gehören unzweifelhaft zu den großartigsten Museen Deutschlands. Wie schön ist es, diese in meiner Nähe zu wissen. Ich blicke von meinem Schreibtisch aus auf die Pinakothek der Moderne und genieße es sehr, nur die Straße überqueren zu müssen, um jede der Pinakotheken zu erreichen.
Marie Christine Huyn repräsentiert seit fast 25 Jahren das internationale Auktionshaus Christie's in München. Nach ihrem Studium der Kunstgeschichte begann Huyn 1988 bei Christie's in London, wo sie Leiterin der Miniaturen- abteilung und Spezialistin für Golddosen und kontinentaleuropäisches Silber war. 1992 wurde sie als Leiterin der Repräsentanz nach München gerufen. Foto: Stefan Rumpf
Der Pinakothek der Moderne sind wir ganz besonders verbunden. Einmal im Jahr kümmern wir uns intensiv um die Benefizauktion des Freundeskreises, mit deren Erlös neue Kunstankäufe für die Pinakothek der Moderne finanziert werden. Es ist uns eine große Freude, auf diese Weise einen Beitrag für dieses großartige Museum leisten zu können - wenn auch nur einen kleinen, in Anbetracht der bedeutenden Kunstwerke, die zum Bestand der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen gehören. Doch das Gefühl, mitzuhelfen, vermittelt mir eine enge Verbundenheit mit "meinen" Pinakotheken. Deshalb grüße ich die monumentale Plastik von Chillida als Sinnbild der Pinakotheken jeden Tag auf dem Weg zu Christie's in augenzwinkernder Komplizenschaft.
Freifläche vor der Pinakothek der Moderne, Barer Straße 40