Vorschlag-Hammer:Wieder daheim

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Ob's denn schön war im Urlaub. Was soll man darauf antworten? Zurück am Schreibtisch fällt mir auf, dass die Münchner Musikwelt bei weitem nicht so stillgestanden ist wie ich

Von Michael Zirnstein

Das Ankommen fällt schwer im Münchner Niesel. Zumal wenn alle, die sich wundern, dass man schon wieder da ist oder das Wegsein gar nicht bemerkt haben, fragen, ob's denn schön war im Urlaub. Was soll man darauf antworten? Hören wollen die ja so was: "Ach, das Vorschlag-Hämmern habe ich doch sehr vermisst." Die Glaubwürdigkeit der Aussage steht aber im Gegensatz zu der entspannten Souvenir-Bräune im Gesicht. Am Schreibtisch fällt mir dann auf, dass die Münchner Musikwelt bei weitem nicht so stillgestanden ist wie ich. Besonders aktiv war mein alter Bekannter Christoph Bühring-Uhle vom Label BSC Music: Nicht ein Mal hat er mir die neuen CDs der Balkan-Reggae-Gstanzlsänger Zwostoa ("Woidrand") und von Kupfer zugeschickt, sondern auf unergründlichen Wegen haben jeweils fünf Exemplare mein Büro erreicht. Gehen Sie also zum Kupfer-Konzert des Ex-Berliners Stefan Weyerer am Samstag, 23. April, im Hofspielhaus und nehmen sie ihm ein paar Alben ab. Stücke wie "Der fette Tanz des Lebens" sind tipptopp Retro-Pop im "Shabby Schick" der Münchner Szene.

Tatsächlich merke ich, dass ich angekommen bin, da ich mich wieder auf die ganze Monaco-Bagage freue: Auf Konstantin Wecker mit seinen "Liedern von Mystik und Widerstand" im Circus Krone (20. und 21. April), auf den aufbrausenden Songwriter Josef Wirnshofer alias The Marble Man (20. April, Kleines Theater Haar), auf das Make or Break-Gratisfestival im Feierwerk (21.-23. April), auf die experimentierfreudigen Postrocker Majmoon in der Import Export Kantine (24. April), das klangtrunkene Notwist-Nebenprojekt Alien Ensemble (27. April, Bosco Gauting), den japanisch-bayerischen Anarcho-Blues von Sasebo, die ihre neue Vinyl-Platte in der Milla vorstellen (22. April), wo tags darauf Café Unterzucker mit seinen kindischen Urlaubsliedern und dem Programm "Bitte, Mammi, hol mich ab" vor allem den Eltern Spaß macht (23. April, 14 Uhr).

Damit wären die Ferien auch kulturell beendet. Würden nicht Kollegen ab und zu nachhaken: "Ach, in Griechenland - na hoffentlich zum Helfen im Flüchtlingslager!?" Da beschleicht mich doch das schlechte Gewissen, nichts getan zu haben im Urlaub. Wobei meine Reisegruppe tatsächlich die heißen Quellen bei Thermopylen besuchte, wo vor 2500 Jahren - wie im Film "300" dokumentiert - 300 eingekesselte Spartiaten Zigtausende Perser in Schach gehalten haben sollen. Heute steht dort ein Pleite-Hotel, in dem syrische Geflüchtete untergebracht sind. Während einer aus meiner Reisegruppe zur Gitarre griff und mit den Gestrandeten fröhlich Lieder sang, dachte ich an daheim. An Dreiviertelblut, die bayerische Version von Nick Cave, und ihre Integrationshymne "Mia san ned nur mia" (24. April, Lindenkeller Freising), und an die Syrien-Hilfe des Kabarettisten Christian Springer, der sein neues Programm "Trotzdem" in der Lach- und Schießgesellschaft spielt (21.-25. April). Von dort aus brach Till Hofmann, der Bono der Kleinkunstszene, mit dem Verein Bellevue di Monaco auch jüngst nach Griechenland auf - mit Hilfsgütern und dem Schlachtruf "Packmos!" Ja, weiter geht's.

© SZ vom 19.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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