Vorschlag-Hammer:Vogelkunde

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Ein Kollege begrüßt mich beim Sonntagsdienst gern mit dem Spruch "Der frühe Vogel fängt den Wurm", was insofern nicht stimmt, als ich keine Lerche, sondern eine Eule bin. Das kommt mir als Kulturmensch, der abends viel unterwegs ist, sehr zupass

Von Evelyn Vogel

Zugegeben, es gibt Menschen, die sich wegen ihrer Familiennamen mehr Sprüche anhören müssen als ich. Kosenamen wie "Birdy" oder "Vögelchen" sind ja auch ganz nett. Ein Kollege begrüßt mich beim Sonntagsdienst gern mit dem Spruch "Der frühe Vogel fängt den Wurm", was insofern nicht stimmt, als ich keine Lerche, sondern eine Eule bin. Das kommt mir als Kulturmensch, der abends viel unterwegs ist, sehr zupass. Dieses Eulendasein pflege ich in den Wochen vor den großen Ferien wegen der vielen Sommerfeste der Kulturveranstalter wie ein bunter Paradiesvogel. Bei der meist ausgelassenen Stimmung plaudern alle gerne mal, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Dass ich bei diesen Gelegenheiten manchmal mehr über den Spatz in der Hand gezwitschert bekomme als über die Taube auf dem Dach, gehört zum Risiko eines Zugvogels.

Ein wenig zum Pechvogel entwickelt sich die Tradition des Picknick en blanc beim Sommerfest von Pin, den Freunden der Pinakothek der Moderne. Auch im dritten Jahr mussten sie in der Rotunde feiern, statt im futuristischen Ambiente in und um das Futuro-Haus ihr Flying-Saucer-Dinner ausrichten zu können. Das einzig spacige Feeling kam auf, wenn man durch die verregneten Bullaugen auf die in Weiß gekleideten Menschen auf dem Vorplatz der Pinakothek blickte (bis Sommer 2018 auf der Freifläche vorm Museum, Donnerstag 15 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag, bis 18 Uhr). Und auch die Freunde des Hauses der Kunst mussten bei ihrem Sommerfest auf karibische Temperaturen verzichten. Statt Abtanzen bis in die Nacht auf der Terrasse der Goldenen Bar ging's hinein in den Terrassensaal. Dafür blieb mehr Zeit für einen Besuch der Ausstellung Figure Ground von Thomas Struth (bis 17. September). Ähnlich verhielt es sich beim Sommerfest des Münchner Stiftungs- und Kulturtreffs im Künstlerhaus, wo man sich dankbar wie ein frierendes Vögelchen in die Wärme der Ausstellung Biblia Sacra von Salvador Dalí flüchtete (bis 3. September).

Wenn der Bayerische Hof zum Sommerfest über den Dächern Münchens einlädt, pfeifen es die Spatzen von selbigen, dass ich als lustiger Vogel dabei bin. Nach Jazz-Sommer und Salongespräch fühle ich mich dieser Tage eh schon ganz heimisch hier. Und wenn alle anderen Vögel gen Süden gezogen sind, setze ich mich während der Sommerpause ins wie für mich gemachte Nest: Das Bird's Nest auf der Blue Spa Terrasse.

© SZ vom 28.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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