Vorschlag-Hammer:Tellerränder

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Vieles wird einem erst durch einen Vergleich klar. Dazu muss man freilich meist über den eigenen Tellerrand hinausblicken. Das ist mir dieser Tage auf einem Abstecher nach Berlin wieder klar geworden

Von Oliver Hochkeppel

Vieles wird einem erst durch einen Vergleich klar. Dazu muss man freilich meist über den eigenen Tellerrand hinausblicken. Das ist mir dieser Tage auf einem Abstecher nach Berlin wieder klar geworden. Ich bin immer mal gerne in der Hauptstadt - für ein paar Tage. Danach wird es mir zu anstrengend und ich will wieder heim in unser Millionendorf, wo es nicht so hektisch zugeht und die Wege nicht so weit sind. Zumal der Berliner mehrheitlich nicht zur Gelassenheit neigt. Und nach München schaut er sowieso nicht. Hätte man sich dort zum Beispiel Chris Dercons Bilanz als Chef des Hauses der Kunst angeschaut, hätte man seine Berufung zum neuen Volksbühnen-Intendanten schneller als Chance begreifen können.

Aber ich schweife ab. Ich war ja wegen des "Jazz at Berlin Philharmonics" dort. Deutschlands Jazzpiano-Genie Michael Wollny spielte mit den 12 Cellisten, der Cembalistin Tamar Halperin und dem Trompeter Markus Stockhausen das Programm "Monteverdi meets Morricone", das der norwegische Bigband-Revolutionär Geir Lysne geschrieben hatte. Vielleicht lag es an meinen übergroßen Erwartungen, dass ich nicht völlig überzeugt war. Absolut begeistert war ich aber von der Sache an sich. Die vom Chef des Münchner Act-Labels Siggi Loch kuratierte Reihe setzt auf personell wie thematisch eigens und überraschend zusammengestellte Abende. Und hat damit überragenden Erfolg.

Eine Reihe "Jazz at Munich Philharmonics" wäre in unserer mit zwei Orchestern ausgelasteten Philharmonie wohl gar nicht möglich. So liefert der Blick auf Berlin einen weiteren Beitrag zur Konzertsaal-Debatte. Trösten wir uns mit den Abenden der einmaligen Sängerin Norma Winstone und des Trompeten-Jungstars Ambrose Akinmusire (Dienstag, 12., und Mittwoch, 13. Mai, Unterfahrt). Beide könnte man sich auch in einem philharmonischen Rahmen vorstellen, sind aber hautnah im Club bestimmt nicht weniger eindrucksvoll.

© SZ vom 11.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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