Vorschlag-Hammer:Rollenspiele der Musiker

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In den nächsten Wochen kann man erleben, wie sich Theater mit Poppern aufpeppen oder Popper großes Theater machen

Von Michael Zirnstein

Peaches machte mächtig Eindruck 2001 im Flokati-Raum des sagenumwobenen Clubs Ultraschall. Zumindest bei jenem Fan, der sich der Sängerin zu Füßen geworfen hatte und den sie mit harten Tritten von ihrer Bühne stiefelte. Privat soll die Kanadierin Merrill Beth Nisker eine angenehme Person sein, in Konzerten dreht die Elektro-Hotpants-Punkerin das machistische Rollenspiel gerne um ("Two boys for every girl") und verbreitet mehr Schrecken als jede Doom-Metal-Band. Für ihre Kunstfigur Peaches wird sie - nicht nur von Madonna - nahezu vergöttert, weswegen es nur konsequent ist, dass sie jetzt endlich Jesus im Theater spielt. Weil sie sich schon als 16-Jährige oft das Musical "Jesus Christ Superstar" allein vorgesungen hatte, setzt sie nun auch in den Kammerspielen alle Rollen selber in Kostümen irgendwo zwischen David Bowie und Alien als Peaches Christ Superstar ins Szene (Premiere am Samstag, 10. Oktober). Tags zuvor schon setzt das städtische Theater auf Pop, wenn hier um 23.30 Uhr die Young Fathers aus Edinburgh sozialkritische Raps mit Industrial-Sound kreuzen und täglichen Rassismus anprangern: "White people are black people, too".

Es ist ja nichts Neues, wenn sich Theater mit Poppern aufpeppen oder Popper großes Theater machen. Zum Beispiel verpasst die ehrenwerte Wiener Liedermacherin Gustav zusammen mit dem Hamburger Quertreiber Knarf Rellöm beim "Spielart"-Festival der 40 Jahre alten Proletenpassion ein Update (29. bis 31. Oktober). Und die Combo Haut gibt nach ihrem Support für die House-Band Maribou State im Ampere (16. Oktober) wieder die Bühnenkapelle für Folge 5 der Nummernrevue Die große Schau im Volkstheater, diesmal zum Thema "An die Arbeit" (30. Oktober). Hier liest auch der Austrofred aus seinem neuen Essay-Band "Pferdeleberkäse" (20. Oktober). Hoffentlich singt er auch ein paar Queen-Nummern, denn keiner spielt die Rolle Freddy Mercurys so königlich wie der Wiener.

© SZ vom 10.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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