Vorschlag-Hammer:Poltergeist

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AC/DC sind noch ziemlich gut. Ihre Fans lassen einen indes die Grenzen der eigenen Toleranz spüren. Die Frage ist allerdings, wie oft AC/DC noch auf Welttournee gehen werden. Für ihre Konzerte am 19. und 21. Mai in München gibt es noch mal ein paar Karten

Von Jakob Biazza

Man soll ja nicht verallgemeinern. Gott bewahre. Aber AC/DC-Fans, Himmel, die sind in ihrer Intoleranz allem gegenüber, was nicht AC/DC ist, schon eine Herausforderung an die eigene Toleranz. Ich stütze mich da jetzt auf dünne Empirie, klar. Bei einem Publikum von 75 000 Menschen kannst du nicht mit jedem reden. Aber den Grundton von so einer Masse, den spürt man ja doch. Der Tourauftakt in Nürnberg also. Zeppelinfeld, Freitagabend, schönes Wetter, warm, aber nicht drückend. Eigentlich sehr versöhnliche Voraussetzungen also. Das Bier wird in Plastikhumpen zu einem Liter ausgeschenkt. Viele Menschen tragen das, was Motorrad-Gangs und Fußball-Ultras Kutte nennen - Westen mit Aufnähern also, und auf denen steht meistens "AC/DC". Und die Vorband spielt.

Vintage Trouble heißt die und macht Musik, die der von AC/DC, wenn man jetzt objektiv draufblickte, gar nicht sehr unähnlich ist: Blues-Rock mit etwas weniger Verzerrung auf den Gitarren. Songwriting mit etwas mehr Soul in den Melodien. Und eine Show, die versucht, wenigstens etwas den Cool dieser Tage zu erwischen. Mit Retro-Touch freilich. Die Band macht das übrigens saugut. Aber zwischen Dixi-Klo und Schweinenacken-Steak-Grillbude und vom ersten Wellenbrecher bis zur Pressetribüne fallen Aussagen aus den Bierlätschen raus, mein Lieber, da wäre man sogar beim AfD-Ortsverband irritiert: "Schwuchteln" und "Tunten" ist oft dabei. "Letzte Scheiße" auch. "Affe" und "Neger" nicht ganz so oft (der Sänger ist schwarz). Insgesamt läuft da also ein Gerhard-Polt-Sketch ab, aber in echt ist der gar nicht so witzig.

Die Idee wäre deshalb also diese: Am 19. oder 21. Mai ins Olympiastadion gehen. Es gibt noch mal ein paar Karten, und AC/DC sind noch ziemlich gut. Sie kompensieren wirklich beeindruckend, dass der Erfinder des ganzen Sounds, Malcom Young, nicht mehr dabei ist. Aber sie sehen inzwischen nicht nur so alt aus, wie sie sind, sie bewegen sich auch so. Irgendwie kantig. Alles wirkt kräftezehrend. Ich würde nur noch Geld, das ich wirklich überhabe, drauf setzen, dass die noch mal eine Welttournee spielen. Hin also. Und mit offenem Ohr und Hirn auch Vintage Trouble anhören. Und wer da jetzt partout nix mit anfangen kann, der geht eben zum Moop-Mama-Frontmann Keno (29. Mai, Milla). Der kann richtig gut rappen und auch richtig gut denken. Und er stellt sein Solo-Album vor. Und dann spielt endlich eine Band, die ich schon ewig empfehlen will, aber es hat sich nie ergeben: Analstahl (21. Mai, Import Export). Keine Ahnung, ob die gut sind. Aber der Name ist einfach bockstark.

© SZ vom 18.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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