Vorschlag-Hammer:Planwirtschaft

Lesezeit: 2 min

In unserer Kulturredaktion pflegen wir nicht nur einen kollegialen, sondern zumeist sogar freundschaftlichen Umgang. Obwohl hier ein Verteilungskampf herrscht, der in anderen Betrieben längst zu Intrigen und Rankünen geführt hätte

Von Oliver Hochkeppel

Beginnen wir heute mal mit einem kleinen Werkstattbericht. Eigentlich ist es ein Wunder, dass wir in unserer Kulturredaktion nicht nur kollegialen, sondern zumeist sogar freundschaftlichen Umgang pflegen. Herrscht doch hier ein Verteilungskampf, der in anderen Betrieben längst zu einem Netz von Intrigen und Rankünen, wenn nicht zu Hauen und Stechen geführt hätte. Der "Große Plan" ist es, in den man Eingang finden muss, oft mit List und Tücke, hat es doch außer in Ferienzeiten immer mehr Themen als Platz. Kunst, Kino, Kabarett, Klassik, Jazz, Pop, Theater, Literatur - alle wollen ihr Plätzchen haben, obwohl doch meist schon der Kollege Tholl mit Klassik und Theater die Ausgabe alleine füllen könnte (und das manchmal auch tut). Und wehe, man wird krank. Von zu Hause aus kommt man nicht in den Großen Plan rein, da kann es vorkommen, dass die Termine in die Fieberträume Eingang finden. Bei mir türmten sie sich in Kegeln, Pyramiden und Quadern auf - ich träume bei Fieber immer geometrisch. Vor allem die drei Kritiken-Plätze sind hart umkämpft, und so kommt es vor, dass man einem betrübten Klaus Doldinger erklären muss, warum sein Geburtstagskonzert im Prinze nicht rezensiert wurde (weil es schon einen Vorbericht gab).

Deshalb seien jetzt ein paar Veranstaltungen dringend empfohlen, zu denen es ungerechterweise aller Wahrscheinlichkeit nach wieder keine Kritik geben wird. Da wäre zunächst der grandiose Jazzpianist Frank Woeste, ein Deutscher, der sich aber vor allem in Frankreich einen Namen gemacht hat, an der Seite von Bläser-Assen wie Ibrahim Maalouf, Mederic Collignon oder Michel Portal, des Gitarristen Sylvain Luc oder der Sängerin Youn Sun Nah. Er präsentiert in der Unterfahrt mit seinem Quartett sein wuchtiges Debüt beim Act-Label "Pocket Rhapsody" (31. Januar). Ebendort kann man tags darauf die wilden Berliner Philipp Gropper (Saxofon), Ronny Graupe (Gitarre) und Christian Lillinger (Schlagzeug) bewundern, einst unter dem treffenden Namen Hyperactive Kid bekannt (1. Februar).

Zu den local heroes, die gerade wegen ihrer Präsenz gerne durchs Rost fallen, obwohl sie Wegweisendes leisten, gehört die Jazzrausch Bigband, die man in ihrer ganzen Vielgestalt erleben kann: beim "Swingrausch" im Cord Club (2. Februar), bei einer "Uferlos"-Konzertnacht in Freising (Lindenkeller, 4. Februar) und bei der Bigband-Night in der Unterfahrt, wo man die dramatische fünfsätzige Komposition "Das Ende der Welt" von und mit dem in New York lebenden Münchner Saxofonisten Martin Seiler uraufführt (13. Februar) - ein vom aktuellen Weltgeschehen inspiriertes Werk, das dementsprechend düster ausgefallen ist und in verschiedenen Gefühlslagen die Stimmung des Untergangs durchdekliniert.

© SZ vom 31.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: