Vorschlag-Hammer:Kennen Sie den?

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Humor hat einer oder eben nicht, wird gerne gesagt. Dabei spielen Herkunft, Erziehung und kulturelle Prägung, die Interessenssphäre oder das religiöse Empfinden ziemlich sicher eine weit größere Rolle als etwa die Gene

Von Oliver Hochkeppel

Was haben eine Frau und eine Handgranate gemeinsam? - Wenn man den Ring abzieht, ist das Haus weg. Finden Sie den witzig? Oder doof? Politisch unkorrekt in Zeiten des Terrors? Sexistisch gar? Worüber wer warum lacht, das ist eine der ungelösten, vielleicht unlösbaren Fragen der Menschheit. Auch Hans Mentz, der fiktive Humorkritiker der Titanic mit dem verfremdeten Adorno-Gesicht, müht sich darum seit Jahrzehnten zwar mit behaupteter Autorität, aber letztlich ergebnislos. Schon weil, wie bei fast allen Betrachtungen des Komischen, stets der Produzent des Lustigen im Mittelpunkt steht und nie der Rezipient. Humor hat einer oder eben nicht, wird gerne gesagt. Dabei spielen Herkunft, Erziehung und kulturelle Prägung, die Interessenssphäre oder das religiöse Empfinden ziemlich sicher eine weit größere Rolle als etwa die Gene - auf das verminte Gelände, ob es einen weiblichen und einen männlichen Humor gibt, will ich mich gar nicht erst begeben.

Selten ist mir das so klar geworden wie vor vielen Jahren in der Mehrzweckhalle Sauerlach bei einem Auftritt von Heißmann und Rassau. Fassungslos saß ich zwischen 1600 vorzugsweise in Loden und Tracht gekleideten Menschen, die sich bei jedem im fränkischen Dialekt begonnenen Halbsatz beömmelten und bei Sketchen wegschmissen, während ich den ganzen Abend lang vielleicht zweimal schmunzeln musste. Umgekehrt habe ich beispielsweise immer sehr über Matthias Egersdörfer lachen müssen, während große Teile des (Abonnement-)Publikums unter Protest den Saal verließen. Und während ich nie wieder jemanden so lustig Schlagzeug spielen sah wie einst Klaus Huber von Ars Vitalis, beklagte sich ein befreundeter Kollege in einer Rezension, wie man nur so respektlos und bösartig auf Musik herumtrampeln könne.

Musik und Humor, da wird es besonders problematisch. Bei Klängen kommen oft noch einige Gefühlsebenen und Verständnishürden mehr dazu, um sie lustig zu finden. Das wird das neue Ensemble der Lach- und Schießgesellschaft bestätigen können, die ja einen ganz erheblichen Teil des Programms mit Gesang, Schlagzeug-, Flöte-, Klavier- und Gitarrespielen bestreiten (noch bis 16. Januar). Aber auch ein Frank Grischek, der seine Komik daraus schlägt, völlig unkomische Akkordeonmusik mit Geschichten voll beleidigten Untertons und mit dem griesgrämigsten aller möglichen Gesichter zu konterkarieren (Lach- und Schieß, 7. Dezember). Abgesehen vom Musikkabarett und der Liedermacherecke findet sich die witzigste Musik übrigens - und das wird viele überraschen - beim Jazz. Freilich muss man meist musikalische Anspielungen, Zitate und Verballhornungen erkennen können. Schon an sich komisch ist die Gesangsakrobatik des Schweizers Andreas Schaerer. Selbst noch im Verbund mit den Münchner Philharmonikern, wie man am 6. Januar in der Unterfahrt unbedingt überprüfen sollte.

© SZ vom 02.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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