Vorschlag-Hammer:In anderen Sphären

Gestern sah ich den "Tannhäuser" an der Bayerischen Staatsoper, tags zuvor "Democracy in America" bei den Festwochen Wien. Wer jetzt erwartet, ich könnte mit knapp 20 Jahren Erfahrung mit Arbeiten von Romeo Castellucci jedes Bild dessen "Tannhäuser"-Inszenierung erklären, der muss sich leider enttäuscht sehen. Auf mich wirken Castelluccis Arbeiten auch stets sehr körperlich, da kommt der Kopf dem Leib manchmal nicht mehr hinterher

Von Egbert Tholl

Momentan kann ich überhaupt nichts vorschlagen, weil mein Kopf voll ist mit Castellucci. Gestern sah ich den Tannhäuser an der Bayerischen Staatsoper, tags zuvor Democracy in America bei den Festwochen Wien. Wer jetzt erwartet, ich könnte mit knapp 20 Jahren Erfahrung mit Arbeiten von Romeo Castellucci jedes Bild dessen "Tannhäuser"-Inszenierung erklären, der muss sich leider enttäuscht sehen. Auf mich wirken Castelluccis Arbeiten auch stets sehr körperlich, da kommt der Kopf dem Leib manchmal nicht mehr hinterher. Beide Inszenierungen hatten übrigens einen sehr ähnlichen Beginn. In Wien gab es fahnenschwenkende, edelsowjetisch gekleidete Damen, die lustig herum hoppelten und Worte aus Buchstabenflaggen bildeten, in München 30 barbusige Amazonen, die mit der Präzision einer Broadway-Revue aus den Dreißiger-, oder Vierzigerjahren Pfeile abschossen. Noch nie musst ich die ganze "Tannhäuser"-Ouvertüre hindurch lachen. Nicht wegen der 60 Brüste, denn so ein Busen ist eine ernste Sache, sondern wegen der verschrobenen Anmut der Damen. Das kriegt man so ohne weiteres nicht aus dem Leib und dem Schädel heraus, was soll man da noch empfehlen? Am besten das, was Christoph Lieben-Seutter sagte, als das Symphonieorchester des BR in der Elbphilharmonie zu Gast war. Da empfahl er für München bezüglich des neuen Konzerthauses Folgendes: Erstens nicht sparen. Zweitens: Toyota soll die Akustik eines Saals übernehmen, also vielleicht die Optimierung der Philharmonie, für den anderen solle man einen anderen Akustiker engagieren. Zwei Säle, die ähnlich klingen, seien Unsinn. Stimmt. Nun kann ich wieder in Castelluccis Welt versinken.

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