Vorschlag-Hammer:Die Welt im Kino

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Jean-Luc Godard träumte davon, alles in einem Film unterzubringen. Möglicherweise findet der Wunsch seine Erfüllung nun in den großen Fernsehserien

Von Fritz Göttler

Man kann alles in einem Film unterbringen. Man muss alles in einem Film unterbringen. Jean-Luc Godard hat das gesagt, im Jahr 1967. Das war ganz schön verwegen damals, vor allem, weil Godard, der keine zehn Jahre zuvor mit "Außer Atem" das Kino auf den Kopf stellte, mit diesem Kino schon gar nichts mehr im Sinn hatte - er sprach mit seinem Satz eher vom Fernsehen und seiner Allgegenwart der Bilder. Alles unterbringen, die Parole gilt deshalb auch für die großen Fernsehserien heute, die viel gerühmten aus Amerika allemal, aber auch zum Beispiel die spanische Crematorio - Im Fegefeuer der Korruptio n, nach dem Roman von Rafael Chirbes. Da ist alles drin, Familienehre und Korruption, Bauskandale und Prostitution, Politik und Mord. An diesem Donnerstag wird eine der Folgen gezeigt im Instituto Cervantes, dem spanischen Kulturinstitut München, danach reden der Crematorio-Regisseur Jorge Sánchez-Cabezudo und Dominik Graf, der vehement den Geist der Deutschen Neuen Welle wach hält, wie man alles lustvoll in einem Film unterbringen kann.

Von Patagonien erzählt der Film Jauja von Lisandro Alonso, eine magisch schöne Reise durchs südamerikanische späte 19. Jahrhundert (am Donnerstag, 27. Oktober, 19 Uhr im Filmmuseum). Viggo Mortensen ist auch dabei, als dänischer Ingenieur, er unterstützt das Militär im Kampf gegen die eingeborene Bevölkerung. Dann läuft seine Tochter mit einem Soldaten davon, und die Suche nach ihr führt ihn in ferne Gegenden und Zeiten und auch ins nicht gar so ferne Genre des Western. "Alle haben mir von John Fords ,Searchers' erzählt, wegen dieser Suche. Ich wollte mir den Film schon anschauen, aber dann sagte ich mir: Nein. Nein. Besser, ich schaue mir diesen Film nicht an." Man kann nicht alles sehen. Man soll nicht alles sehen.

Unbedingt sehen sollte man Latin Lover, an diesem Samstag in der Cinema-Italia-Reihe im Theatiner: vier Töchter und ein toter Filmstar, mit Virna Lisi, Marisa Paredes, Valeria Bruni Tedeschi. Einen Vater, der seine Kinder in den Bergen erzieht, spielt Viggo Mortensen in Captain Fantastic, der Film hat sich zu einer Art Geheimtipp entwickelt und läuft hoffentlich noch bis Dezember, wenn Noam Chomsky Geburtstag hat, der rebellische Denker, den die wilde Familie wie einen Heiligen verehrt.

© SZ vom 26.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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