Vorbericht:Bunte Republik Deutschland

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Das Klavier ist nur Dekoration für die Fotosession - als A-capella-Gruppe reisen die "Prinzen" seit fast drei Jahrzehnten mit leichtem Gepäck. (Foto: Olaf Heine)

Die Prinzen habe es über die Jahre geschafft, zu einem generationenübergreifenden Pop-Act für die ganze Familie zu werden - in München startet ihre Tour zum neuen Album

Von Ralf Dombrowski

Seit einem Vierteljahrhundert schrammen Die Prinzen haarscharf am Lollipop-Idyll des Schlagers vorbei. Es sind die Details, woran man merkt, dass es eben doch Ironie und nicht Einfalt ist, wenn man hört: "Die Welt ist bunt, die Welt ist schön, die Welt soll bitte nicht kaputt geh'n. Die schönsten Träume werden wahr, wenn wir dran glauben, das ist sonderbar, aber wirklich wahr!" Denn die Stimme ist eine Idee zu lieblich, die Harmonie einen Hauch zu süßlich, und Reizworte eskapistischer Heile-Welt-Phantasien wie "Träume werden wahr", "bunt" und "schön" schmelzen dem Sänger im Mund. Das ist eine fein austarierte Balance zwischen Witwentröster, Hitparade und dem Augenzwinkern der Intellektuellen im Publikum, die mit wissendem Lächeln die Unmittelbarkeit der Schlichtheit goutieren. Und die Prinzen kennen die Details, denn sie sind lange genug dabei.

Ihr "Familienalbum" ist das zwölfte Studio-Produkt der Leipziger, die in frühen Jahren sich zunächst Die Herzbuben nannten, bevor sie nach der Maueröffnung zur Konkurrenz aus Wildeck in den Ring traten und Verwechslungen vermeiden wollten. Damals waren Tobias Künzel, Sebastian Krumbiegel, Henri Schmidt und Wolfgang Lenk, ehemals Kumpels beim Leipziger Thomanerchor, und ihr Kollege Jens Sembdner vom Dresdener Kreuzchor stilistisch weit vorne, denn der A-cappella-Boom lag noch in nebliger Ferne. Fünf Jungs, die nur mit Stimme antraten, waren etwas Besonderes, das erkannte auch Annette Humpe, die nach ihren Erfolgen bei Ideal und DÖF sich zwischenzeitlich auf das Produzieren, Komponieren und Texten verlegt hatte, bevor sie mit ihrer Band Ich & Ich wieder in die Live-Spur einscherte.

Es entstanden Alben wie "Das Leben ist grausam", "Küssen verboten" oder "Alles nur geklaut", deren juvenil pfiffige Texte und charmante Melodien sich als so eingängig erwiesen, dass man sie bald nicht nur in Hitparaden, sondern auch an Lagerfeuern hörte. Die Prinzen selbst arbeiteten hart, tourten viel und entwickelten sich auf diese Weise zu einem der beliebtesten deutschen Pop-Acts, dessen stilistisch umfassendes Konzept ein großes und vor allem die Generationen übergreifendes Publikum ansprach, das die inhaltlichen Transformationen von den "Schweinen" zu den "neuen Männern" hin zu den Protagonisten eines "Familienalbums" der Gegenwart miterleben konnte.

An diesem Mittwochabend startet nun die Tour zum neuen Album mit dem Konzert in der Münchner Philharmonie. Instrumental werden die fünf Sänger von Bass und Schlagzeug unterstützt, den Rest gestalten sie mit ihren Stimmen. Verbal haben sie ein Lied im Gepäck, das mit einem Anflug von humorvollem Ernst die Richtung vorgibt: "In Zukunft schreib' ich nur noch Hits, grandiose Hymen für die Massen. Weltweit die Nummer eins, nicht dass du schwitzt, ganz großes Kino, nicht zu fassen." Allemal besser als das andere Modell, das sich ebenfalls im aktuellen Programm wiederfindet. Eines Tages nämlich saß Tobias Künzel im Garten und plauderte mit einem befreundeten Komponisten über die Einsicht, die ihm zugeflogen war, dass es in der Musik alles irgendwie im Überfluss gebe, vor allem aber zu viele Gitarristen. Aus diesen Reflexionen wurde unter heiterem Himmel ein Lied mit traurigen Versen verblasster Jugendträume, die in das melancholische Fazit münden: "Denn du bist leider nur ein Gitarrist von einer Band, von der sich keiner eine CD brennt". Wer will das denn?

Die Prinzen, Mittwoch, 24. Februar, 20 Uhr, Philharmonie

© SZ vom 24.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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