Villa Stuck:Wenn die Idee Form findet

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Private Confessions in der Villa Stuck zeigt Zeichnungen von Schmuckkünstlern

Von Ira Mazzoni

Die Kunst- und die Schmuckszene berühren sich kaum. Jeweils andere Galerien, andere Museen und andere Interpreten sorgen dafür, dass die wenigsten, die sich für zeitgenössische Kunst interessieren, je von Autorenschmuck gehört haben. Deswegen ist der Kunsthistorikerin Ellen Maurer Zilioli jetzt mit der Ausstellung "Private Confessions" in der Villa Stuck ein besonderer Coup gelungen: Indem sie erstmals Handzeichnungen, Aquarelle, Collagen und Künstlerbücher von renommierten Schmuckkünstlern zeigt, ebnet sie den Weg zu Unbekanntem.

Dabei kommt das Publikum der Ideenwelt der Künstler durch die Inszenierung des Ateliers Stauss Processform ungewöhnlich nah. Viele der Kartons stehen, von Metallständern wie Notenblätter gestützt, auf in Tischhöhe montiertem dunklen, gewellten Plexiglas. Von unten beleuchtet, erhalten die unterschiedlichen Papiere sinnliche Präsenz.

Den Auftakt zu der mit rund 400 Zeichnungen und korrespondierenden Schmuckstücken dicht komponierten Schau bilden die tachistischen Aquarelle von Hermann Jünger, der dem Autorenschmuck an der Münchner Akademie der Bildenden Künste und darüber hinaus Autorität verlieh. Bei Jünger sind die Übergänge von autonomem Bild und Entwurfsvorlage fließend. Seinen Schmuckstücken bleibt die Genese aus dem Malerischen stets immanent.

Am Ende der Raumfolge steht die konzeptionelle Installation von Otto Künzli, Nachfolger Jüngers an der Münchner Akademie. Man betritt ein Kabinett, das mit segmentierten Schwarz-Weiß-Zeichnungen tapeziert ist. Das Skizzenbuch, dem die Tapetenmotive entnommen sind, bleibt auf Wunsch des Künstlers verschlossen. Ein einziger Anhänger aus Eisen, mit bizarr ausgestanzter Mitte, liegt in der Vitrine daneben. Pars pro toto für Künzlis "Fukidashi"-Serie, die sich hintersinnig auf die Sprechblasen der Mangas bezieht.

Häufig stehen Zeichnung, Bild und Schmuck gleichberechtigt nebeneinander oder verschmelzen zu einem Kunstwerk. So bietet die architektonisch geschulte Tschechin Eva Eisler in der Serie Black Rooms suprematistisch anmutende Kompositionen, die ihre räumliche Entsprechung in den tonigen Polyurethan-Broschen der "Area"-Serie finden. Zu monochromen Farbflächen verdichten sich bisweilen die Informel-Zeichnungen von Robert Smit, der die Identität von Zeichnung und Schmuck behauptet und gerne Anhänger zum Bildträger macht. Im alten Atelier von Franz von Stuck finden seine zu Diptychen aufgeklappten Buchobjekte, die er der untergehenden Kultur der Zuiderzee-Insel Marken gewidmet hat, den ihnen entsprechenden preziösen Rahmen.

Viele der Schmuckkünstler offenbaren ihre Liebe zur visuellen Poesie. Der Münchner Hubert von Skal hat 225 seiner Postkarten zu einem wandfüllenden Tableau arrangiert. Die Postkarte sei sein Format sich zu formulieren, genauso wie er sich seit 30 Jahren ausschließlich mit Ringen beschäftigt, dem intimsten aller Schmuckstücke. Bei beiden geht es um Monolog und Zwiesprache. Fabelhaft übermalte Telefonbücher hat die Kuratorin aus dem Atelier Ulo Floracks herausgezogen. Die dick aufquellenden Tagebücher zeugen von überbordender Kreativität, die mehr Freiheiten braucht, als ein Ring zu bieten hat.

Die intensive Ausstellung macht auch Neulingen deutlich, dass Schmuck selbstverständlich eine von vielen Ausdrucksformen von Kunst ist - eine, die zugleich intim wie eine Skizze und öffentlich wie eine Skulptur ist.

Private Confessions. Die Zeichnung der Schmuckkünstler, Museum Villa Stuck, Prinzregentenstr. 60, bis 7. Mai, Di-So 11-18 Uhr

© SZ vom 10.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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