Vietnamkrieg-Komödie:"Tom Cruise sollte eine Glatze haben"

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Stillers Humor: "Tropic Thunder"-Mastermind Ben Stiller spricht über Komik, lächerliche Stars, wütende Kritiker und das Make-Up von Tom Cruise.

Anke Sterneborg

Mit dunklem Anzug und akkuratem Haarschnitt gibt sich Ben Stiller sehr viel seriöser, als man ihn aus Filmen wie "Meine Schwiegereltern und ich" oder "Zoolander" kennt. Das mag daran liegen, dass er "Tropic Thunder" nicht nur als Star, sondern auch als Autor, Regisseur und Produzent vorstellt. Doch wenn er sich im Gespräch immer wieder zu überraschten Ausrufen hinreißen lässt, blitzt hinter der Fassade schnell wieder der kleine Junge mit dem respektlosen Humor auf.

"Wenn ich alte Interviews höre, kann ich nur den Kopf schütteln über den Quatsch, den ich dahergeredet habe." (Foto: Foto: AP)

SZ: Sie haben in Ihren Komödien nie vor extremen Gags und Situationen zurückgeschreckt: Wo sind die Grenzen für Humor?

Ben Stiller: Es gibt keine. Jedenfalls nicht, wenn man die Menschlichkeit im Blick behält, seinen Charakteren nahebleibt und über sich selbst lachen kann. Allerdings habe ich es auch nie darauf angelegt, Grenzen zu sprengen und Szenen zu drehen, die immer extremer werden. Mir geht es nur darum, was für die Figuren funktioniert, und dass ich weder mich selbst noch andere Filme wiederhole.

SZ: Wobei ja die Political Correctness, wie sie in Amerika betrieben wird, der größte Feind guter Komödien ist...

Stiller: Man muss versuchen, sich davon nicht beeinflussen zu lassen, eine klare eigene Perspektive zu behalten. Wenn das in Amerika zu strengeren Altersfreigaben und weniger Zuschauern führt, dann muss man das eben in Kauf nehmen!

SZ: Sie sind nicht nur Autor, Regisseur und Hauptdarsteller, sondern auch Produzent: Ist das Ihre Art sicherzustellen, dass der Humor nicht heruntergedimmt wird?

Stiller: Wenn man so einen Film macht und seine eigenen Vorstellungen verwirklichen will, muss man dafür sorgen, dass man die Kontrolle hat. Zwischen Machern und Publikum sollte es keine weitere Instanz geben. Dann muss man nur noch für sich abwägen, ob es einem wichtiger ist, dass es fürs Publikum funktioniert - oder dass man seine Ideen durchsetzt.

SZ: Nun wurde Ihnen in Amerika vorgeworfen, Schwarze und Behinderte zu diskriminieren ...

Stiller: Im ganzen Verlauf der Produktion hat niemand Einwände geäußert. Wir haben Hunderte Testvorführungen gemacht, auch um die Mundpropaganda in Gang zu setzen, da hatte niemand Bedenken. Diese Leute, die sich da jetzt zu Wort melden, wollen nur Aufmerksamkeit erregen, bezeichnenderweise haben sie den Film nie gesehen. Uns ging es in erster Linie darum: Wir lachen über Schauspieler, also über uns selbst.

SZ: Waren Sie je in Gefahr, sich selbst zu wichtig zu nehmen?

Stiller: Da gab es sicher Momente. Umso wichtiger ist es, mal einen Schritt zur Seite zu treten und die ganze Lächerlichkeit des Filmgeschäfts wahrzunehmen. Wenn ich mir beispielsweise alte Interviews anhöre, kann ich oft nur den Kopf schütteln über den Quatsch, den ich dahergeredet habe. Menschen werden in Hollywood auf ein Podest gestellt, weil sie Preise gewonnen oder auch nur viel Geld bekommen haben, und dann verhält sich ihnen gegenüber plötzlich niemand mehr ehrlich. Es ist ganz heilsam, sich in Erinnerung zu rufen, was für ein total abgeschirmtes Leben man da führt.

SZ: Alle Filme, die Sie inszeniert haben, handeln von der Sehnsucht geliebt zu werden ...

Stiller: Wow, so habe ich das nie gesehen. Stimmt, genau betrachtet gibt es das sogar in "Tropic Thunder"... Es ist schwer, die eigenen Themen zu analysieren, doch es hat wohl damit zu tun, dass man sich als Schauspieler unablässig offenbart und entblößt. Und dann muss man mit den Reaktionen der Leute klarkommen, ob sie gut oder schlecht sind.

SZ: Ist der Film für Sie auch ein Kommentar zur Arroganz der amerikanischen Politiker, die in fremden Ländern Krieg spielen?

Stiller: Eine Frage, die mir zu Hause niemand stellen würde! Sicher lassen sich da Verbindungen ziehen. Wir glauben gern, dass sich die ganze Welt um uns dreht. Und das ist sicher auch der Eindruck, den die amerikanische Politik der letzten acht Jahre verbreitet hat. Auch wenn ich gewiss kein Statement dazu abgeben wollte, ist es Zeit, dass wir uns stärker damit beschäftigen, was im Rest der Welt passiert.

SZ: Wie stark waren Sie von "Hearts of Darkness", der Dokumentation über die desaströsen Dschungel-Dreharbeiten zu "Apokalypse Now", inspiriert?

Stiller: Gosh, "Apokalypse Now" ist der Urvater aller Vietnamfilme, und ich hatte immer das Gefühl, dass es eine komödiantische Version dieser Tragödie gibt. Vietnamfilme sind für mich so ein uramerikanisches Genre, damit bin ich groß geworden, es hat ungeheuren Spaß gemacht, damit zu spielen. Ich fand es auch immer absurd, wenn die Schauspieler darin von simulierten Militärtrainingslagern erzählt haben, als ob das ihr Leben für immer verändert habe.

SZ: Tom Cruise ist ja doch ein eher eitler Schauspieler, wie haben Sie ihn dazu gebracht, sich so gehen zu lassen?

Stiller: Musste ich gar nicht, er hat sich der Rolle des fetten skrupellosen Filmproduzenten mit Haut und Haar verschrieben. Wir haben viele Make-up-Versionen ausprobiert, ich dachte, er sollte eine Glatze haben. Er wollte diese monströsen Arme und Hände, auch die Idee mit dem Hip-Hop-Tanz im Büro kam komplett von ihm. Es ist einfach unglaublich, mit ihm zu arbeiten, er bringt eine ungeheure Energie und Hingabe mit.

© SZ vom 18.09.2008/sst - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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