Über die Biennale zur Documenta:Freche Nummer

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Das junge Münchner Künstlertrio "super+" zieht aus, über Venedig Athen zu entern

Von Jürgen Moises, München/ Venedig

Was macht man, wenn man als junger Münchner Künstler an der Documenta in Athen teilnehmen will, aber nicht offiziell eingeladen wird? Man fährt stattdessen auf die Biennale in Venedig und knallt, nur ein paar Gehminuten entfernt von den Giardini, auf einem Vier-Sterne-Hotel eine selbstgebaute Bar aufs Dach - inklusive einer zwei Meter großen Neonschrift, die man zwar nicht von den Biennale-Pavillons, aber dafür von der Lagune aus und vielleicht sogar von der Insel San Giorgio Maggiore sehen kann. Dort oben schenkt man dann gut zwei Wochen lang Bier und Cocktails aus und macht ein Kulturprogramm, zu dem unter anderem eine Goaßlschnalzer-Darbietung gehört.

Das klingt nach einer spinnerten Idee? Das ist es auch, aber der Münchner Bildhauer Alexander Deubl, der Produktdesigner Konstantin Landuris und der Maler Christian Muscheid werden zusammen mit ihren Freunden von "uns"-Architekten vom 9. bis zum 21. Mai genau dies tun. Das heißt: Wenn alles gut gelaufen ist, sie ihre Otto-Bar am vergangenen Donnerstag im Viehhof auf den Lastwagen geladen und am Freitag nach Italien gefahren, sie am Samstag heil mit einem venezianischen Transportboot nach Venedig überführt und dann am Sonntag fertig aufgebaut haben, dann stehen sie jetzt schon oben auf der Rooftop-Terrasse des Hotel Gabrielli und schenken Bier aus.

Und das alles machen Deubl, Landuris und Muscheid, die sich als Künstlertrio "super+" nennen, ebenfalls ohne offizielle Einladung und ohne Genehmigung der Stadt. Weswegen Landuris einen Tag vor der Verladung in seinem Atelier in einer ehemaligen Lodenfabrik in Moosach mit einem Lächeln eingesteht: "Es ist schon ein bisschen so die freche Nummer". Eine, die im Grunde zufällig zustande kam. Denn eigentlich wollten die Drei ja nach Athen, und als sie vor ein paar Wochen Mitarbeiterinnen der Berliner Galerie Eigen+Art davon erzählten, meinten diese: Wieso fahrt ihr nicht erst mal nach Venedig?

Das mit dem Hotel kam dann sehr kurzfristig über eine "Sandkastenfreundin" zustande, die für dieses als Innenarchitektin arbeitet. Wenig Zeit jedenfalls, um den Transport und das Kulturprogramm zu organisieren, für das sie bis jetzt die erste Geigerin der Bayerischen Staatsoper, Verena-Maria Fitz, und die Malerin Lisa Solberg gewinnen konnten sowie das aus Raphael Spannocchi, Simon Kummer, Bernhard Slawik bestehende Synaesthetic-Art-Trio Fondle.wtf, das, so der Plan, täglich Live-Geräusche von der berühmten American Bar von Adolf Loos in Wien überträgt. Die diente für die 3,60 Meter breite und drei Meter hohe Otto-Bar nämlich als Vorbild. Ihren Namen hat sie von der Münchner Ottostraße. Dort war sie im vergangenen Oktober bei der Langen Nacht der Museen in der Galerie Handwerk aufgestellt.

Auch die griechische Flagge auf dem Namensschild kommt von daher, ist doch die Ottostraße nach Prinz Otto zu Wittelsbach von Bayern benannt, der von 1832 bis 1862 König von Griechenland war. Und das ist laut Landuris auch der Grund, warum "wir die bayerisch-griechische Otto-Bar gerne in Athen hätten". Diese Vision haben die Künstler, die neben ihrem Atelierhaus in Moosach auch zwei Künstlerresidenzen in Italien und am Tegernsee betreiben und insgesamt sehr umtriebig sind, keineswegs aufgegeben. Und eine Idee, wie sie das umsetzen, die hat Landuris auch schon. "In Venedig halten doch vorne immer welche mit ihren dicken Yachten an. So einen müssen wir kennenlernen, dann die Bar auf seine Yacht laden und dann soll er uns direkt nach Piräus fahren. Das wäre das Optimum."

© SZ vom 09.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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