TV-Moderatoren:Zweimal ist besser als einmal

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Die ARD-Intendanten kippen bei einem Treffen in München einen neuen Plan für Harald Schmidt - und mögen Günther Jauch.

Hans-Jürgen Jakobs und Claudia Tieschky

Neues von Günther Jauch, dem senderüberschwebenden Entertainer des Fernsehens, der Intendanten und TV-Manager derzeit beschäftigt wie kein anderer.

Am Dienstag, 14.52 Uhr, geht die erste Agenturmeldung ein: "Glücklose Kandidaten erhalten bei Günther Jauch zweite Chance." Sie referiert, dass zehn gewinnlose Teilnehmer bei Jauchs RTL-Quiz Wer wird Millionär? am 23. Dezember noch mal - mit Spielpartnern - antreten dürfen: Es ist ja Weihnachten!

Tanz der Gummibärchen

Um 15.13 Uhr, also gut 20 Minuten später, verbreitet eine Agentur die nächste News: "ARD-Hauptversammlung - Intendanten erzielen Konsens über Jauch." Der TV-Mann, der gleich mehrfach Millionär im Studio wurde und Rätselgästen gegenüber sozial eingestellt ist, soll im September 2007 sonntags Talkshow-Nachfolger von Sabine Christiansen werden.

Nicht nur über Jauch haben die Chefs der neun ARD-Anstalten und Ober-Programmdirektor Günter Struve geredet. Auch andere wichtige Programmfragen standen bei dem Treffen in München an, das in einer Hauptversammlung mit den obersten Rundfunkräten am Nachmittag endete.

Es war die letzte Sitzung des amtierenden ARD-Vorsitzenden Thomas Gruber, des Intendanten vom Bayerischen Rundfunk, der vor zwei Jahren mit hehren öffentlich-rechtlichen Zielen an den Start gegangen war, es aber erleben musste, dass im Strudel von Affären und Affärchen, von Intrigen und Indiskretionen, die gute Sache irgendwie nicht mehr so richtig im Kameralicht war.

Zu den vielen Alt-Stars, auf die die ARD setzt, gehört auch Harald Schmidt, der sich mit seiner Late-Night-Show einst im Privatsender Sat 1 Meriten verdiente und der nun in der ARD mehr dem Geld als den guten Ideen nachzujagen scheint.

Für seinen eher quotenschwachen Auftritt im Ersten, nominell mittwochs und donnerstags um 22.45 Uhr nach den Tagesthemen, hatte sich Feinstratege Struve ausgedacht, den Moderator am Mittwoch eine volle Stunde einwirken zu lassen und den Donnerstagstermin zu streichen. Die Programmdirektoren der Sender fanden den Plan gut - die Intendanten aber nicht. Zweimal Schmidt sei besser als einmal Schmidt, errechneten sie und desavouierten somit ihren Manager Struve, 66.

Auf jeden Fall soll der Vertrag von Harald Schmidt verlängert werden - ein Dankeschön dafür, dass der gebürtige Nürtinger von Waldi & Harry bis Bambi alles wegmoderiert, was die ARD so bietet. Irgendwie passt, dass Schmidt gern über Reisen auf dem Traumschiff redet.

Größte Viecherei eines ARD-Stars

Die Intendanten beschäftigten sich in München mit wenig Traumhaftem. Eine Kommission soll sich um Feinheiten bei der neuen PC-Gebühr kümmern. Naturfilme laufen bis auf weiteres montags um 20.15 Uhr. Auch soll mit den Radsport-Veranstaltern der Deutschland-Tour verhandelt werden - vorher war nach Dopingzwischenfällen und Aufdeckung eines Sondervertrags mit Radprofi Jan Ullrich mancher in der ARD der Meinung, von dieser Sportart solle man lassen.

Der Streit um Jauch - den Vielverdiener von RTL, der als Moderator des wichtigsten Polittalk der ARD Anerkennung hinzuverdienen will - hatte zuletzt an Schärfe gewonnen. Uwe Kammann, Leiter des Adolf-Grimme-Instituts, kritisierte noch mal die ARD-Pläne, dem Star Werbung zu erlauben - selbst Auftritte für Gummibärchen oder Kaffee seien "nie ganz harmlos". MDR-Chef Udo Reiter hatte sich vor dem Münchner Meeting ähnlich geäußert, fehlte aber verletzungsbedingt auf der Intendantentagung.

Hier beruhigten NDR-Chef Jobst Plog und sein Justiziar Werner Hahn, jeder Werbe-Auftrag Jauchs sei zustimmungspflichtig. Es werde nichts passieren, was dem Image der ARD schade. Jauch habe versichert, er sei sich der Sensibilität bewusst.

Die Talkshow, die von einer Jauch-Firma produziert wird, entstehe unter redaktioneller Hoheit der ARD. Der NDR wird weiter den Vertrag aushandeln, bald gibt es einen neuen Zwischenbericht. Manche Fragen sind offen geblieben - dazu dürfte gehören, wie lange noch Jauch für RTL aktiv sein wird.

Über die größte Viecherei eines ARD-Stars wird freilich selten geredet - es handelt sich um Harald Schmidt. Der leiht in der Kampagne des Elektronikhändlers Media-Markt ("Ich bin doch nicht blöd") für gewisse Sprüche einem Ferkel seine Stimme. Das ist nicht blöd, das ist saublöd.

© SZ vom 29.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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