Traumberuf Schriftsteller:Beherrscht zwar die Denkerpose, kann aber nicht schreiben

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Vom Märchenonkel zum Milliardär: David Beckham ist nicht länger Vorbild der Briten. Wegen "Harry Potter" wollen sie jetzt alle Schriftsteller werden.

Andreas Schubert

David Beckham hat als Vorbild ausgedient: Den Briten ist der Beruf des Sportlers trotz der stolzen Tagesgage Beckhams von mehr als 100 000 Euro offenbar zu anstrengend. Stattdessen haben sie laut einer neuen Umfrage weitaus romantischere Vorstellungen vom idealen Job: Glaubt man der Erhebung des Meinungsforschungs-Instituts YouGov träumen zehn Prozent aller Briten davon, ihr Geld als Schriftsteller zu verdienen. Vorbild sei, mutmaßt der Guardian, J. K. Rowling.

Hm, welchen Spruch könnte ich mir sonst noch auf den Arm tätowieren? (Foto: Foto: dpa)

Deren Geschichte vom Aufstieg von der Sozialhilfeempfängerin zur Milliardärin ist inzwischen so oft - zu jedem Erscheinen eines Harry-Potter-Romans - PR-trächtig lanciert worden, dass es ihr die 2461 von YouGov befragten Briten am liebsten gleichtun würden: Sich ins Café setzen, und sich nebenbei die bekannteste Romanfigur aller Zeiten ausdenken.

Kann doch gar nicht mal so schwer sein, scheint eine wachsende Zahl von Nachwuchsautoren zu glauben: Zwar hat YouGov lediglich nach den Berufswünschen gefragt und nicht danach, was Möchtegern-Autoren denn so alles schreiben würden. Seit Harry Potter seiner Schöpferin die Milliarden in den Geldbeutel zaubert, werden Verlage und Agenten allerdings mit Kinderliteratur geradezu überschwemmt.

Rowling steht auf der Forbes-Liste der weltweit reichsten Frauen. Sie hat mehr Geld als die Queen - und anders als etwa die männlichen Milliardärskollegen wie Programmierer Bill Gates oder Möbelhändler Ingvar Kamprad ist sie nicht durch schnödes Geschäftsgebaren reich geworden, sondern mit einer Gute-Nacht-Geschichte für ihre Kinder. Das scheint die Phantasie der Briten zu beflügeln. Dass von den meisten Manuskripten, die auf der Insel überhaupt einen Verleger finden, laut "Guardian" selten mehr als 1000 Exemplare gedruckt werden, stört sie dabei nicht. Vergleichbare Chancen auf Wohlstand böte etwa auch eine Karriere als professioneller Lottospieler.

Doch der Wunsch, sich mitzuteilen und sich als Kreativer von der Masse abzuheben hat seit den siebziger Jahren deutlich zugenommen: An den Universitäten boomen die Schreibwerkstätten. Selbst Jura- und Wirtschafts-Studenten üben sich in der englischsprachigen Welt in der Kunst des creative writing. Dabei wollen vor allem Frauen das Schreiben zum Brotberuf machen.

Ein Wunsch, der in der Altersgruppe von 35 Jahren aufwärts immer häufiger genannt wird. Die Karriere als Sportler steht immerhin noch auf Platz zwei der britischen Traumberufe. Danach kommen die Abenteuer versprechenden und deshalb traditionell beliebten Professionen Pilot und Astronaut. Platz fünf belegt der eher unspektakuläre "Event Organizer", also der Veranstalter und Partyplaner.

Auch in Deutschland haben Kurse für kreatives Schreiben in jüngster Zeit regen Zulauf. Doch statt hiesigen Autoren würden die meisten Männer nach Angaben des Instituts für Demoskopie Allensbach lieber Sportlern nacheifern, oder Unternehmern. Bei Frauen taucht der Berufswunsch Schriftstellerin wenigstens noch auf Platz acht auf. Auf Platz eins: die Stewardess.

© SZ vom 24.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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