taz: "Es brennt im Konzern":Heilsamer Schock?

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Der Nordrhein-Westfalen-Ausgabe der taz droht das Aus: Noch gibt sich die Redaktion kämpferisch. Doch auch die anderen Regionalteile fürchten schon um ihre Existenz.

Bei den Redakteuren der NRW-Ausgabe der taz macht sich Galgenhumor breit. "Noch 13 Tage bis der Vorhang fällt", kündigten sie am Montag im Editorial das drohende Ende ihrer Regionalausgabe an. Angesichts fehlender Abonnenten könne nur noch ein Wunder die Kehrtwende bringen, nachdem auch eine ungewöhnliche Kombi-Abo-Aktion mit der WAZ, der größten Regionalzeitungs-Gruppe in Nordrhein-Westfalen, nicht den erhofften Erfolg brachte: Ungefähr 11.000 NRW-Exemplare verkauft die taz bei einer Gesamtauflage von 55.000.

(Foto: Foto: dpa)

Die Entscheidung über die Einstellung wird im Juli fallen. "Bis dahin werden wir noch zwei Wochen kämpfen", sagt taz-NRW-Vize-Chefredakteurin Annika Joerres. Auch taz-Chefredakteurin Bascha Mika dementierte Berichte, die Einstellung des NRW-Regionalteils sei bereits beschlossene Sache. Doch seit einer Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat am vergangenen Freitag machen sich selbst die 15 taz-Mitarbeiter in Düsseldorf keine Illusionen mehr.

Höchst prekär

"Schließung der taz-NRW angekündigt", alarmierte Kai von Appen, Gesamtbetriebsrat-Chef der taz-Entwicklungsgesellschaft (EKG), nach der Sitzung per E-Mail seine Kollegen. Vorstand und Aufsichtsrat bestehen auf ihrem Ultimatum: Falls die NRW- taz bis zum 30. Juni nicht zusätzliche 1000 Abonnenten bekomme "oder einen potenten Sponsor" finde, werde sie spätestens zum 15. Juli 2007 eingestellt. Der Vorschlag, den Abo-Preis "nach Art des Kohlepfennigs" um ein bis zwei Euro zu erhöhen, wurde abgelehnt.

Jetzt fürchten auch die taz-Regionalteile in Berlin, Bremen und Hamburg um ihre Existenz. Denn die Finanzlage bei der Alternativzeitung scheint einmal mehr höchst prekär zu sein. "Es brennt im Konzern", schreibt Betriebsratsboss von Appen in seiner der SZ vorliegenden E-Mail: "Wir sitzen wirklich alle in einem leckgeschlagenen und sinkenden Boot." Die taz hat als Ganzes schon lange zu kämpfen, immer wieder gibt es Kampagnen für das Überleben. Derzeit gibt es eine bundesweite Werbeaktion: " taz ist wahrer Luxus".

Von der Einstellung des NRW-Regionalteils verspricht sich taz-Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch laut Aussage diverser Sitzungsteilnehmer einen heilsamen "Schock-Effekt" für die übrigen drei Regionalausgaben und für das gesamte Blatt. Das Aus der NRW-Ausgabe würde, sagt dagegen taz-Chefredakteurin Mika, einen großen publizistischen Schaden verursachen. Im Zweifel gehe aber "das Wohl der Bundesausgabe vor".

Der Betriebsrat ist entsetzt. "Die NRW- taz soll auf halbem Wege abgewürgt werden", sagt die Betriebsrätin Doris Benjack, seit 27 Jahren bei der taz. Immerhin seien in einer achtwöchigen Rettungskampagne 400 neue NRW-Abonnenten gewonnen worden. Der NRW- taz solle wegen einer "verfehlten Personalpolitik in der Anzeigenabteilung vorschnell der Todesstoß versetzt werden".

© becc/jon/SZ vom 19.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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