"Tatort" mit Maria Furtwängler:Baby, es ist Mord

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Windeln wechseln statt Mörder jagen: "Tatort"-Kommissarin Charlotte Lindholm ist ab jetzt mit Kind unterwegs - damit springt der Tatort mehr oder weniger gekonnt auf die Babywelle auf.

Eva Marz

Der Mord passiert im Biotop einer Schrebergartensiedlung, Niedersachsens attraktive Kommissarin Lindholm gibt sich wie immer introvertiert, in Episodenrollen sind die herausragende Maren Kroymann und die eigenwillige Eva Löbau zu sehen. Aber das Hauptthema ist an diesem Sonntagabend die Mutterschaft der Ermittlerin. Die in der auf Imagepflege bedachten People-Berichterstattung von Britney Spears bis Heiner Lauterbach euphorisch und als wunderbar gefeierte Erfahrung, ein Baby zu haben, ist nun auch im wichtigsten deutschen Krimi, dem Tatort, angekommen.

Man muss seine freudigen Ereignisse zu nutzen wissen. Das Presseheft ist diesmal besonders dick ausgefallen. Maria Furtwängler kommt darin ausführlich zu Wort. Die 2007 für einen Tatort mit dem Deutschen Fernsehpreis Ausgezeichnete ist von der Darstellerin zur Spielführerin avanciert: "Ich möchte mit diesem Film gerne erzählen, dass das Baby insgesamt eine Bereicherung für Charlotte Lindholms Leben darstellt. Die Kommissarin wird in ihrem Job mit Kind mindestens genauso erfolgreich arbeiten wie bisher, weil sie als Mensch erfüllter und glücklicher ist. Dies wäre der gewünschte familienpolitische Beitrag."

Was macht mein Knöpfchen?

Ohne Programmatik geht anscheinend nichts mehr im fiktionalen Fernsehspiel, jenem Massenmedium, das so gerne seine Zuschauer erziehen, belehren und ihre Fehlhaltungen korrigieren möchte. Gerne auch da, wo in Wahrheit gar kein Korrekturbedarf besteht. "Das Kind als Bereicherung, als große Erfüllung, nicht als Hauptursache für Stress und Hektik", fordert Furtwängler salbungsvoll. Politisch wirksam könnte das allenfalls für die eigenen Sympathiewerte werden. Denn was die Schauspielerin hier sendungsbewusst vertritt, ist eine Auffassung, die die allermeisten Deutschen ohnehin problemlos teilen dürften.

Zwischen gesagt und getan liegen manchmal Welten. Die filmische Umsetzung sieht dann nochmal etwas anders aus. Als alleinerziehende Mutter des fünf Monate alten David sieht man die Kommissarin Lindholm gewohnt geschäftig und in der privilegierten Lage, stets auf zwei zuverlässige Betreuungspersonen zurückgreifen zu können, ihren Mitbewohner Martin Felser (Ingo Naujoks) und ihre Mutter Annemarie (Kathrin Ackermann), die während des Enkel-Hütens so fröhlich wie unrealistisch Chinesisch aus dem Lehrbuch lernt. Keine Stillzeiten, keine Einschlafrituale, es genügt der Anruf zuhause: "Ich wollte mal fragen, wie es meinem Knöpfchen geht?"

Auf übertriebende Nachhaltigkeit scheint das familienpolitische Engagement dieser Episode ohnehin nicht angelegt. Denn auf die Interview-Frage "Was erwartet uns beim nächsten Tatort?" antwortete Maria Furtwängler nüchtern: Eher ein Thriller, denn: "So schön die Kuschelphasen mit dem Baby sind, sie müssen auch einmal wieder zu Ende gehen."

Tatort - "Erntedank e. V.", ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

© SZ vom 29.3.2008/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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