Tanz:Die Männer vorn

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Im optisch ansprechenden "Unleashed" von Kinsun Chan werden die Männer von der Leine gelassen. (Foto: Charles Tandy)

Die Ballett-Matinee der Bosl-Stiftung in der Oper

Von Eva-Elisabeth Fischer, München

Wer heutzutage eine Stiftung betreibt, ist arm dran. So auch die Heinz-Bosl-Stiftung zur Förderung junger Tanztalente, weshalb dem Programmheft zur alljährlichen Ballettmatinee ein Überweisungsträger beiliegt. Da es ja jede Menge Geld gibt, das tunlichst ausgegeben werden soll, ist es für die Ausbildung junger Tänzerinnen und Tänzer immer gut angelegt. Man staunt nicht schlecht angesichts der Fülle von Talenten, die heuer antraten, und staunte noch mehr, dass diesmal die jungen Männer die jungen Frauen mühelos ausstachen - ein später Triumph nach 38 Jahren, hatten sich Konstanze Vernon und ihr Ehemann Fred Hoffmann doch ausdrücklich die Förderung des in Deutschland unterrepräsentierten Männernachwuchses auf die Fahnen geschrieben.

Sowohl bei der Junior Company unter der Direktion von Ivan Liška wie auch in den höheren Klassen der Ballettakademie unter Jan Broeckx finden sich klasse Charaktertänzer und eine erkleckliche Garde künftiger Danseurs nobles. Manche von ihnen haben bereits einen Vertrag in der Tasche, unter ihnen der hochelegante Flemming Puthenpurayil, der nach Stuttgart geht. Das zählt quasi doppelt, weil man dort in der John-Cranko-Schule eine eigene Talentschmiede hat. Puthenpurayil brachte, auch dank seiner ungewöhnlich ausgereiften Technik, jenes Funkeln in Balanchines Allegro Brillante, das ansonsten noch fehlte. Und man möchte jetzt schon darauf wetten, dass Rina Nishiuchi mit ihrer Variation der Odile demnächst beim Nachwuchswettbewerb in New York ganz vorn mitmischen wird. Auch sie von unerschütterlicher Präzision und dazu noch begabt mit hinreißendem Charme. Choreografisch herrscht business as usual. Neben der Klassik werden die Fächer Modern dance und Charaktertanz artig bedient.

Die Tänzerinnen und Tänzer machten gute Figur in Kinsun Chans vertrackt-akrobatischer Trikot-Etüde "Unleashed" und zeigten viel Ausdruck in "Three Loves" zu drei weit ausschwingenden Liebes-Pas de-deux, mit von Meeresrauschen untermalten Rachmaninow-Etüden, die Maria Barrios aus Israel mitgebracht, bearbeitet und einstudiert hat. Begeisterungsstürme entfachten die mit viel Witz und solistischen Finessen aufgepeppten volkstümlichen Reigen von Heinz Manniegels "Lomir tanzn" zu Klezmermusik. Hut ab vor dem achtzigjährigen Emeritus der Ballettakademie!

© SZ vom 11.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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