Tanz:Bewusst anders

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Richard Siegal freut sich sichtlich auf die Arbeit in München. (Foto: Natalie Neomi Isser)

Richard Siegals Pläne mit seiner Kompanie Ballet of Difference

Von Eva-Elisabeth Fischer, München

Das Unternehmen Richard Siegal ist eine konzertierte Aktion. Der amerikanische Tänzer und Choreograf, seit 2006 der Stadt mehr oder weniger lose verbunden, bekommt, wie bereits gemeldet, bis einschließlich 2018 die Optionsförderung der Stadt München in Höhe von jährlich 90 000 Euro. Jetzt hat er auf einer Pressekonferenz in der Muffathalle die Gründung seiner eigenen Kompanie mit dem programmatischen Namen "Ballet of Difference" bekannt gegeben und seine Pläne für die kommenden drei Jahre umrissen. Die Einheit seiner Person mit dem vielgestaltigen Werk, das sich ebenso differenziert wie mitreißend mit den aktuellen soziokulturellen Zeitphänomenen auseinandersetzt, bringt Institutionen und Leute zusammen und hat zur Folge, dass ihn ausnahmslos alle, die mit ihm zu tun haben, als vielseitigen Künstler und integrative Persönlichkeit schätzen.

Nina Hümpel, die künstlerische Leiterin des Festivals Dance, schätzt Richard Siegal als Alleskönner. Dietmar Lupfer, Chef der Muffathalle, statuiert an ihm ein Exempel über die immer noch praktizierte Eingleisigkeit der städtischen und staatlichen Förderstrukturen: "Die Stadt muss sich zu einem Künstler bekennen und entsprechend die Strukturen anpassen." Bettina Wagner-Bergelt, von Access to Dance und vor allem als Mentorin Siegals auf dem Podium, liefert den Hintergrund, warum zwei Tänzerinnen und ein Tänzer des Bayerischen Staatsballetts künftig das Risiko eingehen wollen, als Freie bei Siegals Ballet of Difference tanzen zu wollen. Vor allem in der Arbeit am Pina-Bausch-Stück "Die Kinder von gestern, heute und morgen" haben Zuzana Zahradníková, Katherina Markowskaja und Léonard Engel die Lust erfahren, den Körper nicht nur in edler Pose in die Höhe zu recken, sondern tanzend sich selbst und denn Dingen um einen herum auf den Grund zu gehen. Und Ballet of Difference, dem noch fünf weitere Tänzerinnen und Tänzer vom Ballet National de Marseille und des jüngst aufgelösten, nicht nur technisch famosen Cedar Lake Contemporary Ballet in New York angehören werden, bietet die Chance dazu, wird sich als "Kollektiv im Diskurs über das Anderssein mittels Ballett" verstehen, so Siegal.

Erst einmal kann Siegal seine Tänzer nur für einzelne Projekte zusammenbringen. Als erstes allerdings steht ein nur am Rande tänzerisches Unterfangen auf dem Programm: eine Festivalnacht in der Muffathalle unter dem Motto "Noise-Signal-Silence" mit Musikern, die für die ihm so wichtige Soundästhetik Siegals verantwortlich zeichnen (29. Oktober). Gleich darauf folgt "If/ Then für alle" (31. Oktober bis 5. November), ein Workshop für Laien und Profis über drei Jahre hinweg nach Siegals eigener, ziemlich kryptischer Methode - Ausgang ungewiss. Im Mai 2017 wird dann endlich ein zweiteiliges Tanz-Programm beim Festival Dance uraufgeführt: die Probe aufs Exempel für das Ballet of Difference.

© SZ vom 12.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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