SZ-Serie: Slam drüber:Wo Blütenträume wachsen

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Monatlich in der Seidlvilla: "Poetry & Parade"

Von Yvonne Poppek, München

Wäre da nicht diese Clubmusik, würde man zweifeln, ob man am richtigen Ort ist. Der Saal ist hell ausgeleuchtet, die Stühle sind akkurat aufgereiht. Theoretisch könnte nun im Zenzl-Mühsam-Saal der Seidlvilla ein Experte über Frühblüher-Allergie sprechen. Rein atmosphärisch. Aber "Poetry & Parade"? Doch die Zweifel zerstreuen sich schnell: Die rund 50 Zuschauer haben Getränke in den Händen, Bier, Wein, Wasser. Jemand verschlingt eine Tüte Gummibärchen, ein anderer packt Schokolade aus. Per Handschlag werden Neuankömmlinge begrüßt, die Leute plaudern. Was sie erwarten, beginnen sie selbst schon einzulösen: gute Unterhaltung!

Mit diesem Anspruch gehen die beiden Macher der Poetry-Slam- und Lesebühne in der Seidlvilla Jaromir Konecny und Frank Klötgen auch an die Sache heran. "Wir wollen euch den schönsten Abend in letzter Zeit überhaupt bieten", sagt Klötgen. Stets am ersten Montag eines Monats laden sie dazu drei Gäste ein, die wie Konecny und Klötgen auf der Bühne auftreten. Bei "Poetry & Parade" soll immer ein Musiker dabei sein, eine Frau und ein Auswärtiger, sagt Konecny. Anfang Februar glückt ihnen diese Mischung mit Kaleb Erdmann, der in seinen kurzen Texten jugendlich um Ich und Identität kreist. Mit der Kölner Kabarettistin und Liedermacherin Dagmar Schönleber, die das Publikum forsch zum Mitsingen animiert. Und mit dem Münchner Moses Wolff, der selbst jeden Sonntag die "Schwabinger Schaumschläger" organisiert und seine in Dialoge gefassten Beziehungskarikaturen vorträgt.

Der Abend im Februar ist erst die fünfte Ausgabe von "Poetry & Parade". Damit ist die Lesebühne eine der jüngsten in München. Konecny erzählt, dass er sie mit Klötgen gegründet habe, weil ihm die Bühne gefehlt habe. Einst hatte er mit Wolff zusammen die "Schaumschläger" initiiert, war aber aus Zeitmangel ausgestiegen. Ist diese eine Bühne mehr für München nun zu viel? Nein, im Gegenteil: Die Seidlvilla scheint ein gediegeneres Publikum anzusprechen, und schon bei Ausgabe fünf singen viele inbrünstig den Abschiedssong mit: "Föhn, Föhn, Föhn,/hörst Du wie ich stöhn./Der Föhn ist besser, als wenn Du lachst./Der Föhn ist einfach schön."

Zu diesem Zeitpunkt ist die Stimmung gelöst. Das Publikum hat sich durch Gedichte, Lieder, Geschichten tragen lassen. Die Bühnen-Profis Konecny und Klötgen treiben dabei den Abend voran, strukturieren ihn mit eigenen pointenorientierten Texten. So wie etwa die Eröffnung von Konecny: Sein Text handelte diesmal von Frühblüher-Allergie.

© SZ vom 10.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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