Sprachnot für Anfänger:Come you now here!

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Was wollen sie denn, die Menschen in den heiligen Amtsstuben, die sich mal für, mal gegen das Deutsch in Deutschland stark machen? Niemand weiß es. Auch nicht, ob wir das Pisa-Desaster denn nun als chance, Chance oder Gelegenheit begreifen müssen. Egal auch! Erst mal gilt: Don´t panic!

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Was ist das Problem? Beziehungsweise: problem? Wenn man sich die englische Sprache nämlich mal genau anguckt, dann schaut sie ja gar nicht so besonders hysterisch zurück.

(Foto: N/A)

Das englische accordion heißt zum Beispiel auf deutsch? Akkordeon. Und acclimatization? Akklimatisation. So geht es weiter im ABC (abc): Der calendar ist der Kalender, der name der Name, die obsession die Obsession und der yammer ist, exakt, um nicht zu sagen: exact, der Jammer. Wir sprechen also ohnehin schon ganz gut englisch, sprechen wir nicht?

Deshalb möchte man der globalistischen Gesellschaft raten: Don't panic! Das ZDF will nämlich unseren so genannten Kids ab Herbst in einer neuen Sonntagsserie "spielerisch Englisch beibringen". Wozu eine "computeranimierte Ratte" namens Marvi Hämmer dient.

Marvi soll den Kindern televisionär geeignete Inhalte der (sehr schönen) Zeitschrift National Geographic anschaulich machen. Und zwar auf englisch. Denn zugleich beginnt im Herbst ja auch der Englischunterricht an den Grundschulen. Dagegen ist nichts einzuwenden.

Obwohl die allgemeine Sorge um die sprachliche Zukunftsfähigkeit unserer Kinder durchaus zu Situationen von geradezu surrealer Schönheit führen kann. Sagt in München beispielsweise ein junger, sehr ehrgeiziger und offenbar seit vierhundert Generationen in Bayern beheimateter Vater am Spielplatz zu seinem anderthalbjährigen Monster, der einem anderen Monster gerade Sand in den Rachen stopft: "Stop this, Lukas, because it is not okay. It is totaly danger. And come now here." - - - "Unser Kind", sagt der Papa auf deutsch und blickt stolz in die Runde, "soll schnell Englisch lernen. Wegen der Globalisierung. Zweisprachigkeit. Frage der Disziplin, Sie wissen schon." Gute Güte.

Auf der einen Seite haben wir also den Boom viersprachig geführter Kinderkrippen, dazu "Motivationstraining auf englisch" für Vierjährige und nun auch noch Marvi Hämmer. Auf der anderen Seite haben wir den armen Lukas und die geplagten CSU-Abgeordneten im bayerischen Landtag. Die haben soeben einen Antrag gestellt, wonach bei allen staatlichen Verlautbarungen oder "Schreiben an die Bürger" der Gebrauch fremdsprachlicher Begriffe "auf ein Mindestmaß zu beschränken sei". Dem offenbar apokalyptischen Denglisch wird der Kampf angesagt. Stoiber soll sein eGoverment, sein Management und überhaupt sein ganzes doofes Coaching gefälligst zu Hause lassen. Also was nun? Ist unser wahrhaft babylonischer Alltagsirrsinn jetzt eine Chance - oder nur eine chance?

© SZ v. 24.06.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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