Sorge um Robert T-online:Tod, wo ist deine Festplatte?

Lesezeit: 4 min

Robert T-online ist vermutlich tot. Es hagelt unflätigste Nachrufe. Dabei ist gar nicht sicher, ob er schon ins Pixelparadies eingegangen ist. Freut euch also nicht zu früh, ihr Totengräber von der Außen-Alster!

Bernd Graff

Sollen wir jetzt mal richtig gemein sein? So richtig? Dann sagen wir jetzt, woher der von uns sonst allzeit geschätzte Kollege Frank Patalong von Spiegel online (SpOn) unter anderem seine Informationen (und Argumente!) bezieht. Nämlich daher:

Schleichender Pixeltod auf der Ma-ha-ha-tt-scheibe: erst verschwindet jedes zweite Pixel, dann davon wieder die Hälfte - und immer so weiter. Bis es ganz schwarz geworden ist. Dann ist Robert T-online seinen Digitaltod gestorben. Erst dann.... Huhuhuschniiiieeef. (Foto: N/A)

http://www.faktuell.de/Nestbeschmutzer/Robert%20T-Online.shtml

und aus dieser Newsgroup: de.alt.fan.konsumterror

Und warum sind wir ausnahmsweise einmal so gehässig? Weil es um einen Trauerfall geht. Um den abgrundtieftraurigen Abschied von einem lieb gewordenen Bekannten. Und eben jener Frank Patalong von Spiegel online trauert nicht, sondern freut sich drüber. Ja, er macht sich sogar darüber lustig. Der Dahingeschiedene habe "nicht nur das Hirn aller Zuschauer erweicht, die es nicht rechtzeitig zum Kühlschrank schafften, er weichte auch an den Rändern auf."

Eine solche Unverfrorenheit - diese Wortwahl gerade und ausdrücklich in Anspielung auf die Patalongschen Erweichungen und den Kühlschrank - eine solche Unverfrorenheit darf nicht unerwidert bleiben.

Um wen geht es eigentlich? Liebe Fernseh-Gemeinde! Wir haben in vorauseilender Tieftrauer den Abgang eines der letzten Idole der New Economy, ja vielleicht sogar des einzig wahren Gesichts dieser doch ziemlich virtuellen Ära zu beklagen: Robert T-Online soll, so dröhnt es aus verschiedenen Quellen, den unseligen Pixeltod gefunden haben.

Warum aber, gottlob, nur eine vorauseilende Tieftrauer und keine wahrhaftige Tieftrauer?

Weil noch gar nicht sicher ist, dass es ihn tatsächlich dahingerafft ... ach was schreibe ich?.. dass man ihn hingerichtet hat, wäre einzig richtig. Denn ein dem Computerschoß entsprungenes Digitalwesen rafft es nicht so dahin. In Digitalien stirbt man nicht: Um jemanden endgültig von der Festplatte zu putzen wird, muss man ihm schon willentlich den Saft abdrehen, die Pixel schwärzen und wasweißichnochalles. Jedenfalls: man muss es wollen.

"Man" ist schlimmen Gerüchten zufolge, welche vor allem die WirtschaftsWoche gestreut hat, ein Konsortium ebenso hochrangiger wie hartherziger Manager der "Deutschen Telekom", die ihren virtuellen Sohn verloren geben wollen.

Der neue Markenauftritt der Internet-Tochter T-Online werde ohne die Kunstfigur erfolgen. Das hätten die Manager des Bonner Telekommunikationskonzerns, diese eiskalten Schlächter, der WirtschaftsWoche bestätigt.

Dabei hatte man Robert T-Online, dessen Zeugung und Geburt vor gut drei Jahren angeblich einen "deutlich zweistelligen Millionen-D-Mark-Betrag gekostet hatte" (WiWo), sogar zweifach im Unternehmen beschäftigt:

Einerseits warb Robert T-online für die Internet-Tochter "t-Online", deren Familien-Namen er ja auch trägt.

Und andererseits mühte sich Robert redlich, auch noch die Festnetztochter der Telekom, die "T-Com", nach vorne zu bringen.

Und es ist, da kann Patalong grätzen, wie und was er will, einzig und allein dieser Doppelbelastung zuzuschreiben, dass Robert in letzter Zeit vielleicht ein wenig so wirkte, also ob er "zappelt, stottert, ruckelt und nervt", während er sein gesandstrahltes Faltenfreigesicht und den Betonscheitel "werbend in die Ma-Ma-Mattscheibe" hält. (Zitate: Der unversöhnliche Patalong).

Mit anderen Worten Robert T-online nervt nicht, es sind die Nerven!, Hörr Patalong, feiner Redakteur von der Außenalster. Der offenkundig nicht weiß, was wirklich harte Arbeit aus Menschen machen kann: Verheert von Fron an Körper und Geist.

Wie dem auch sei: Voller Neid muss man in jüngster Zeit im Telekomkonzern von allen Seiten an Robert gezerrt haben: Einerseits, so wird kolportiert, hätten T-Online-Manager kritisiert, der Markenauftritt der Internettochter werde geschwächt, wenn Robert gleichzeitig so stark für T-Com werbe.

Andererseits schnippt nun ein Sprecher der T-Com, welche die Figur aktuell als Werbeträger für DSL-Anschlüsse nutzt, in die Runde, dass "der" "hier keine Rolle mehr spielen" werde. "Der" - undankbare Brut! "Der" - zu unserem Robert!

Robert T-online war und ist doch der einzig legitime Kapitän Ahab des Internetmeeres, einsam auf der Jagd nach dem Weißen Wal einer schnellen Verbindung.

Gut, seitdem Eni van de Meiklokjes etwas zur Hand ging, war es ein wenig ruhiger um den rasenden Unrast im Netz geworden: Man sah ihn nun öfter im Lotussitz vor sich hin meditieren, vielleicht auch, weil er den Anstrengungen, gleich an zwei Werbefronten für einen Telekommunikations-Riesen zu wirbeln, kaum mehr gewachsen war.

Es ist also eine echte Schande, dass ein solcher Tele-Riese zwar einerseits den Buchstaben "T" ganz allein für sich gerichtlich reservieren lassen und einer Berliner IT-Agentur ihr "T" wegnehmen will (...was übrigens das Satiremagazin "Titanic" dazu gebracht hat, selber eine "t-error.de"-Kampagne zu lancieren, um das deutsche "T" nun auch international für sich zu erstreiten.)

Doch andererseits zerrt eben dieser Riese solange an unserem Liebling Robert, bis dieser nur noch stottern, nuscheln, meditieren kann, und schließlich vielleicht sogar ins Digitalgras beißt. Beziehungsweise, man ihn gemeuchelt dort niedersinken lässt.

Und mitten in diese Tragödie frohlockt eben der SpOn-Patalong: "Wer weint um Robert? Wir auch nicht: Ruhe Robert und lass uns in Frieden." Infam, einfach infam ist das - und dann auch noch ohne Ausrufezeichen.

Es ist außerdem gehässig, auf die Ferrero-Site zu verlinken, um angeblich wirklich schlechte Werbung mit Robert in Verbindung zu bringen. Das ist schon ziemlich mies und zeugt von schlechtem Charakter.

Auf die Ferrero-Idee hat eben jene Newsgroup de.alt.fan.konsumterror Hörrn SpOntalong gebracht, in deren "Robert-t-online-entlassen"-Thread genau dieselbe niederträchtige Analogie gezogen wird und man sich nun ebenfalls verwundert fragt, ob der SpOn-Autor dort mitliest, wenn er Robert doch auch mit Ferrero einkleistert. Tut er gewisslich, Freunde, tut er!

Nun aber zur T-Einklägerin Telekom: Die hält es bislang nicht einmal für nötig, das Dahinscheiden des flotten Robert auch nur zu dementieren.

Offensichtlich ist noch unklar, ob die Internet-Sparte "T-Online" Robert noch weiterhin die Werbe-Drums rühren lässt. Auf Anfrage von sueddeutsche.de geschah dann - nichts.

Man sei in Vorbereitung für die Berliner Funkausstellung. Und werde gewisslich, gewisslich, zurückrufen. Tut man nicht.

Und ob Robert zwischenzeitlich draufgeht, während man Berlin magentisiert, ist diesen Telekommunikationsriesenherrschaften also wohl nicht so wichtig. Pffff. Es geht immerhin um Robert. Nicht weniger als um Robert T-online! Kapiert ihr das denn nicht?

An Euch, die mutmaßliche Trauergemeinde von Robert, die ihr euch um Fassung müht, ergeht mit Dylan Thomas ein kleiner-leiser Hoffnungsschimmer in lauter Schmerz:

"Though they go mad they shall be sane, / Though they sink through the sea they shall rise again; / Though lovers be lost love shall not; /And death shall have no dominion."

Robert lebt nun im Pixelhimmel und verkauft den Engeln Hiiiiiiiiiiigh-Speeeeed-Verbindungen zu ihrem Schöpfer. So und nicht anders muss es sein.

Und jetzt die Frage: Wie stark schmerzt Sie der Verlust von Robert T-online? Stimmen Sie ab - falls sie es mit Tränen erstickten Augen überhaupt schaffen, hier abzustimmen. Äh... Tränen erstickte Augen?

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