"Schmidt & Pocher":Ein anderes Niveau

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Öffentlich-rechtlich werden liegt im Trend, nur Günther Jauch wollte es nicht schaffen. Pocher hat viel weniger zu verlieren als Jauch. Aber: Darf der Kleine überhaupt schon so lange aufbleiben? Und wohin soll Schmidts Weg führen?

Juan Moreno und Christopher Keil

Vor ein paar Wochen war Oliver Pocher bei Harald Schmidt. Pocher sollte seinen neuen Film vorstellen, es ist sein erster. Bisher hatte Pocher bei Viva und Pro Sieben moderiert, war mit einem Comedy-Programm auf Tour gewesen und hatte Werbung für den Media Markt gemacht. Die bei Media Markt sind sehr ironisch, da passte Pocher gut hin.

Jetzt war er als Schauspieler zu Schmidt gekommen. Der Film heißt Vollidiot, und man las, er sei hervorragend gemacht, meisterlich selbstreflexiv. Wenn man Sätze wie: "Sag mal, wie viele Bonusmeilen gibt es, wenn man eine Stewardess vögelt?" und T-Shirts, auf denen "Ficken" steht, selbstreflexiv findet, stimmt das natürlich. Allerdings ist Vollidiot deutlich besser gemacht als der erste Film, den Harald Schmidt gemacht hat (Nich' mit Leo, Drehbuch: Jürgen von der Lippe - nicht lustig, so "Gute-Morgen-Liebe-Sorgen-Humor").

Der kleine Junge und der große Entertainer

Pocher schien nervös zu sein während seines Auftritts beim Unterhaltungsmeister. Klar war, wer Chef war. Jedenfalls nicht Pocher. Bei Schmidt gibt es Regeln. Eine lautet: Schmidt macht die Gags, nicht die Gäste. Nur MTV-Moderatoren, die nicht so lange dabei sind, und ehemalige Intendanten kommen auf den Gedanken, witziger als er sein zu wollen.

Doch Schmidt war nett zum jungen Kollegen. Er sprach über die schönen Kritiken des Movies, über die erfolgreiche Bühnenpräsentation, mit der Pocher gerade im Land unterwegs sei. Gegen Ende traute sich Pocher dann doch noch einen kleinen Spruch zu: übers "Tittenprogramm" vom DSF. Er wollte nicht vorlaut erscheinen, niemand wäre auf den Gedanken gekommen, dass er und Schmidt demnächst als Schmidt & Pocher für das öffentlich-rechtliche Erste partnerschaftlich in einer Late Night Show auftreten.

Ein unmoralisches Angebot?

An diesem Montag gab die Kogel & Schmidt GmbH die Fusion bekannt. Von Ende Oktober an werden die zwei immer donnerstags eine Stunde nach den Tagesthemen auftreten, zunächst 22 Mal. Interessant ist einerseits, dass sich die ARD Pocher, 29, zutraut, weil der nicht nur 20 Jahre jünger ist als Schmidt, sondern um Generationen entfernt vom demoskopischen Durchschnitt des ARD-Zuschauers. Andererseits leihen ihn Schmidt und sein Geschäftsfreund Fred Kogel ans Erste kostenlos aus, hat Kogel mitgeteilt.

Schmidts Vertrag ist von der künstlerischen Veränderung offenbar nicht betroffen. Und weil Pocher nicht Anchorman der Tagesschau, sondern irgendwie Ergänzungsentertainer wird, darf er wie Schmidt auch weiter werben.

Warum sich Harald Schmidt - der klassische, politische Bildung so einzigartig mit seinem Instinkt für Alltagsthemen und einem präzisen Humor verbinden kann - beruflich auf Pocher einlässt, kann nur am neuen Auftritt sichtbar werden. Zwar sanken Schmidts Quoten, seit er für die ARD arbeitet, auf 7,8 Prozent. Doch hat ihn das Erste eher fürs Image verpflichtet. Eine konsequente Veränderung des Angebots für jüngere Zielgruppen findet bisher nur am Vorabend statt. Bis 20 Uhr dürfen auch die Öffentlich-Rechtlichen Werbung verkaufen.

Was nicht passt, wird passend gemacht

Fred Kogel hält Pocher für das "größte Talent im deutschen Fernsehen", insofern ist Pocher für Kogel & Schmidt (und für die ARD) eine Investition in die Zukunft. Denn inhaltlich passt Pocher, der halbstarke Sprücheklopfer, noch nicht zu Schmidt und ins Erste, obwohl er als Late-Night-Gast Schmidt immer gut stand.

Eigentlich passte aber auch Schmidt vor zwölf Jahren nicht zu Sat 1 und ins deutsche Fernsehen. Schmidt testet ja immer Grenzen und schon länger neue Mitspieler. Mit dem Sportmoderator Waldemar "Waldi" Hartmann hat er sich bereits verbrüdert.

Vielleicht ist es einfach so, dass ein Late-Night-Konzept, das bisher für eine halbe Stunde mit Sidekick Manuel Andrack ausgelegt war - früher einmal für 45 Minuten -, 60 Minuten nicht trägt. Schmidt wird Pocher auf ein anderes Niveau heben müssen, auf Pochers Niveau dürfte er nicht mehr problemlos runter.

Für Pocher ist die Perspektive daher: Aufstieg. Öffentlich-rechtlich werden liegt im Trend, nur Günther Jauch wollte es nicht schaffen. Pocher hat viel weniger zu verlieren als Jauch. Wäre Schmidts Offerte nicht gekommen, hätte er weiter auf Pro Sieben gewirkt, bei einem kommerziellen Sender, der seine ganze Aufmerksamkeit Stefan Raab schenkt.

Dass Pocher nun bald mit Schmidt gegen Raabs TV Total laufen wird an Donnerstagabenden, wird bald sicher auch für Raab ein Thema sein.

© SZ vom 16.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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