Sarah Silverman:Nie mehr "Arschloch des Universums"

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Sarah Silverman ist Komödiantin, Sängerin, Schauspielerin, Jüdin - und reißt gerne Witze über Juden. Nun macht sie Wahlkampf für Obama - gewohnt deftig.

Viola Schenz

Harmlos sieht sie aus, wie sie da auf ihrem Wohnzimmersofa sitzt: Die langen braunen Haare brav zurückgesteckt, der Kragen der Bluse ordentlich runtergeklappt. Doch bei Sarah Silverman täuscht das Äußere. Ihr selbstgewählter Markenname lautet "Big S", was ausgesprochen sowohl "großes S" als auch "großer Arsch" bedeuten kann.

US-Komikerin Sarah Silverman setzt auf Obama, um den Ruf der USA zu retten. (Foto: Foto: afp)

Ihre Worte sind deftig, ihre Fernsehauftritte daher meist mit Piepsern gespickt. Sie wird geliebt und gefürchtet dafür, die wenigen noch vorhandenen Tabus zu brechen. Sie macht Witze über Rassismus, über sexuellen Missbrauch, über Schwarze, Juden, sogar über den Holocaust.

Im Moment macht Silverman hauptsächlich Wahlkampf für den Demokraten Barack Obama - mit einem vierminütigem Webvideo, das den jiddischen Titel "The Great Schlep" (Das große Hinschleppen) trägt.

Jetzt, im Endspurt des amerikanischen Wahlkampfs, sind alle Mittel recht. "Ich bitte euch eindringlich, euch nach Florida aufzumachen und eure Großeltern zu überreden, Barack Obama zu wählen", spricht sie mit flehendem Dackelblick in die Kamera.

Sarah Silverman: 37 Jahre alt, Komödiantin, Sängerin, Schauspielerin, Jüdin. Ihr Zielpublikum: junge, gebildete amerikanische Juden - und deren Omas und Opas in Florida.

Millionen Amerikaner zieht es nach ihrer Pensionierung in den Südstaat. "Altersheim der USA" wird Florida genannt, oder auch "Gottes Wartezimmer". Mit knapp 19 Millionen Einwohnern ist es der viertgrößte Staat der USA. 650.000 Juden leben hier, meist gebildete, wohlhabende Senioren.

Statistisch gesehen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese Klientel am 4. November zur Wahl geht. Florida gehört zu den sogenannten Swing States, also zu den Staaten, bei denen der Wahlausgang nicht voraussagbar ist, die deshalb von beiden Präsidentschaftskandidaten heiß umworben werden. Seit dem Jahr 2000, als sich die Stimmenauszählung dort wochenlang hinzog, schaut die Nation in Wahljahren nach Florida. Appelle von Prominenten können viel bewirken.

Eine ältere jüdische Frau und ein junger schwarzer Mann (Obama!) haben mehr gemeinsam, als sie ahnen, verrät Silverman in ihrem Video. Dann nehmen eine ältere jüdische Frau und ein junger schwarzer Mann in Sport-Klamotten neben ihr auf dem Sofa Platz. "Trainingsanzüge! Beide lieben Trainingsanzüge", ereifert sie sich. "Das Auto ihrer Wahl: der Cadillac. Beide mögen so Sachen - Glitzerzeug, Schmuck, Geld." Beide seien verrückt nach ihren Enkeln, beiden stürben die Freunde weg - Anspielungen auf die hohe Schwangerschaftsrate unter schwarzen Teenagern und auf die hohe Gewaltkriminalität unter jungen schwarzen Männern.

Sollten diese Tatsachen die Alten nicht überzeugen, dann sicherlich Drohungen, meint sie: "Wenn Barack Obama nicht der nächste Präsident der Vereinigten Staaten wird, gebe ich den Juden die Schuld!" Es sind ihre politischen Unkorrektheiten, die Sarah Silverman so populär machen und so einflussreich.

Sieben Millionen Mal wurde "Great Schlep" der New York Times zufolge angeklickt. Ein ziemlicher Erfolg, wenn man bedenkt, wie viele tausend Obama- und McCain-Kampagnen durchs Internet irren. Ihr Einsatz dient ja auch einem höheren Gut: Obama, sagt Silverman, sei die letzte Hoffnung, dem Ruf der USA als "Arschloch dieses Universums" ein Ende zu setzen.

© SZ vom 28.10.2008/jb - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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