Sabine Christiansen in der ARD:Dicker Mops im Fernsehstudio

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Am Sonntag wurde auch bei "Sabine Christiansen" in der ARD gemoppelt: Der Talk handelte von den dicken Deutschen. Kronzeuge der Bewegung war der Fußballexperte Calmund.

Hans-Jürgen Jakobs

Vor einiger Zeit schon lief die Meldung über die Nachrichtenagenturen, wonach die Deutschen die Dicksten in ganz Europa seien. Das war vielen Zeitungen und manchen Fernsehsendern eine Story wert. Auch Sabine Christiansen hält es beim Countdown bis zu ihrem definitiven Sendestopp Mitte des Jahres mit den bunten Seiten des Lebens und lud am Sonntag zum Talk über das Fett-Sein: "Auf die Waage, fertig, los - Dicke am Pranger!"

Fußballexperte Reiner Calmund (Foto: Foto: ddp)

Vielleicht dachte sie ja bei ihrer verspäteten Kalorienschau: "Doppelt gemoppelt hält besser", vielleicht auch kalkulierte sie, das sei das richtige Thema zum Sommerwetter. Jedenfalls zählte Christiansen im Stakkato die Sündenfälle "Eis, Grillen, Nackensteak" auf und fragte: "Schluss mit dem Genuss - muss dass sein?"

Die anwesenden Vorstandsvertreter der Industrie - einer kam von McDonald's, die andere arbeitet bei Südzucker - waren offenbar so begeistert über die eigene Fernsehpräsenz, dass hier sogar ein Mitklatschen bei der Anmoderation zu sehen war. Ansonsten blieben die beiden leitenden Angestellten während der 60 ARD-Minuten weitgehend in der Defensive und ließen es an Überzeugungskraft fehlen.

Da war schon Deutschlands dickster Dicker, Reiner Calmund, von anderem Kaliber. Der langjährige Fußballmanager, den sie bei RTL gerne ins Panoptikum der RTL-Stars holen, sprach von seinem Lust-Essen, von seinen genussvoll angefutterten 150 Kilo, und dass der Arzt ihm doch immer bescheinige, wie gut seine Blutwerte seien: "Ich habe keine Probleme mit meinen Drüsen oder meinen Genen."

Calmund, der König der Korpulenten, nannte sich selbst "dicker Panzer" oder auch "dicker Mops", ergänzte aber auch, wie wichtig Bewegung sei und dass auch er im Urlaub so eine Art Wassergymnastik mache. Alles tipptopp also, auch wenn man sich kaum vorstellen kann, dass so viel Masse einem menschlichen Skelett guttut.

"Wir essen viel mehr Scheiße"

Den eifrigen Angreifer in der TV-Runde gab der Hamburger Starkoch Tim Mälzer, auch er ein Gesicht des Privatfernsehens (Vox). Der Mann, der als deutscher Jamie Oliver bekannt wurde, wetterte gegen Convenience Food und gegen die aufgewärmte Tiefkühl-Fertig-Lasagne. Und gegen die Industrie, die Süßstoffe und Fette auf den Packungen nicht plakativ genug angebe, sondern verstecke. Er sagte sogar: "Wir essen aufgrund unseres veränderten Zeitverhaltens viel mehr Scheiße!"

Mit der Grünen-Politikerin und ehemaligen Verbraucherschutzministerin Renate Künast war sich Mälzer einig, dass eine Art Ampelsystem eingeführt werden müsse: bei Rot wird vor zu viel Kalorien gewarnt, bei Grün ist Essen bedenkenlos möglich. Künast forderte Einschränkungen bei der Lebensmittelwerbung, lehnte aber einen Vorschlag des anwesenden Chefs der Deutschen Betriebskrankenkasse ab, "so etwas wie einen 13. Monatsbeitrag aus der Krankenversicherung zu ziehen" und ihn an diejenigen wieder auszuschütten, die sich gesund ernähren. Aber auch die Politikerin offenbarte süße Schwächen: "Weihnachten ohne Zimtsterne ist für mich undenkbar."

Die Frau von Südzucker wies darauf hin, dass sich die Deutschen mit ihrem Mehr-Konsum von Obst und Gemüse "doch sehr gemausert" hätten - und, nein, nein, die Schulen hätten mit der Schulnahrung kein Problem, auch wenn Mälzer das so darstellte. Joachim Fuchsberger, der so heißt wie sein Vater, sprach für die acht Millionen Diabetiker im Land, die er nun zusammen mit dem Motivator Erich Lejeune anspornen will.

Sabine Christiansen moderierte diese Lifestyle-Runde in lockerer Urlaubsstimmung. Nur manchmal wurde die hektisch. Mit dem Fett-Thema hat die extrem schlanke Fernsehfrau ohnehin augenscheinlich nicht viel zu tun, und an diesem Abend sah sie sehr braun und sehr jung aus. Vielleicht lag es ja an ihrer gekräuselten, nuancenreichen Frisur. Kurzum, man glaubt nicht, dass Bratwurst zu Christiansens Lieblingsmahlzeiten gehört, auch wenn sie in der Abmoderation einmal mehr vom Grillen sprach.

Der Herr von McDonald's, der so schön in der Sendung von "Wahrheit und Klarheit" geredet hatte, durfte anschließend noch mit den Zuschauern chatten, und ganz artig sagte er: "Immer gerne!"

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