Rundfunk-Gebühren für Computer:Ab-GEZ-ockt?

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Erhebt man eine "Schwimmbadgebühr für Bikini-Käufer"? Nein. Wozu dann eine Rundfunkabgabe für Computer? Sie soll kommen. Während der Widerstand dagegen wächst, sieht die federführende Staatskanzlei "keine erkennbare Berechtigung zur Aussetzung der gesetzlich vereinbarten Abgabe." Aha.

Senta Krasser

Ganz schön grimmig schaut der Junge auf der Internetseite pc-protest.de drein. Neben seinem Bild steht in dicken Lettern: "Ich bin dagegen!" - gegen die geplante Gebühr für internetfähige Computer und fernsehfähige Handys.

Grimmig - der Junge auf der Internetseite pc-protest.de (Foto: N/A)

Annähernd 5300 Protestler, vornehmlich Freiberufler, engagieren sich in dieser Initiative. Auch Wirtschaftsverbände wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag ("Abzocke") und der Steuerzahlerbund ("widersinnig und weltfremd") machen mobil gegen die Internet-Steuer in Höhe von 17,03 Euro, die vom 1.Januar an fällig sein soll. Der Druck ist gewachsen - nur der Gesetzgeber zeigt sich unbeeindruckt.

Martin Stadelmaier, Chef der in dieser Gebührensache federführenden Staatskanzlei in Mainz, betont, es gebe "keinen Bedarf", die im Rundfunkstaatsvertrag klar geregelte Gebührenpflicht für so genannte "neuartige Rundfunkempfangsgeräte" in Frage zu stellen: "Im Augenblick gibt es keine erkennbare Berechtigung zur Aussetzung der gesetzlich vereinbarten Abgabe."

Die Änderung der Gebührenordnung fußt auf der Einschätzung, dass der klassische Fernsehapparat ein Auslaufmodell ist. Dass also immer mehr Menschen via Internet die neueste Pilcher-Schnulze auf dem Computer empfangen. Dass Architekten ihr Zeichenprogramm am Bildschirm schließen, um die aktuelle Tagesschau aufzurufen. Dass somit die Einnahmen der Gebühreneinzugszentrale (GEZ), die sich im Vorjahr auf mehr als sieben Milliarden Euro beliefen, sinken.

Wie viel die neue PC-Gebühr einbringt, ist umstritten. Zahlen schwanken zwischen mehr als 400 Millionen Euro (Protestforen im Internet) und zwei Millionen Euro (GEZ) im ersten Jahr. "Ein Sturm im Wasserglas", urteilte jüngst Rainer Conrad von der Kommission KEF, die den Finanzbedarf der Rundfunkanstalten ermittelt: Sie errechnete ein Plus im einstelligen Millionenbereich. Auch die ARD kommt ihrem Sprecher Rudi Küffner zufolge "allenfalls auf neun Millionen Euro".

Überhaupt gibt sich die ARD ungewohnt bescheiden. "Wir wollen keine volle GEZ-Gebühr für ein Angebot, das es noch nicht gibt", sagt Küffner. Solange das ARD-Programm nicht komplett als Stream im Internet zu sehen ist, reichten 5,52 Euro aus - das entspricht der Radio-Abgabe. Das ZDF, das keine Hörfunkstationen betreibt, hält dagegen an der höheren Fernsehgebühr fest. Dort ist man offenkundig froh über die klärenden Worte von Staatskanzleichef Stadelmaier.

Es kracht zwischen den Öffentlich-Rechtlichen. Erst im September wollen sich die Intendanten in Schwerin wieder treffen, um auf einen Nenner zu kommen. Eine neuerliche Entscheidung der Landeschefs schließt Stadelmaier aus. Auf Arbeitsebene werde jedoch die Kritik der Unternehmer untersucht. Bevor aber über eine Umstellung der Rundfunkgebühr diskutiert werde, sei es "einfach klug", die Entscheidung der Karlsruher Richter abzuwarten - auch wenn Stadelmaier ein Veto überraschen würde.

Dem Verfassungsgericht liegt seit März eine Beschwerde der Vereinigung der Rundfunkgebührenzahler vor. Die Frankfurter Rechtsanwältin Petra Marwitz reichte sie ein. Sie bemängelt handwerkliche Fehler im Rundfunkstaatsvertrag: Es sei verfassungswidrig, von PC-Besitzern, die in erster Linie Internet und E-Mail nutzten, eine Rundfunkabgabe zu fordern. Da ARD und ZDF noch nicht mal zu "einem eigenen Internetprogramm berechtigt" seien, wäre es "sachgerechter, alle Bikini-Käufer zu einer Schwimmbadgebühr zu verpflichten", spöttelt Marwitz. Sie plädiert dafür, die PC-Regelung für zwei Jahre auszusetzen. Dann ließe sich "ein wirklich zukunftssicheres Rundfunkfinanzierungsmodell erarbeiten".

© SZ v. 27.07.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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