Rückkehr der Action-Helden:Rambo mit Verfallsdatum

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Sag niemals nie: Indiana Jones, John Rambo und John McClane ("Stirb langsam") kehren ins Kino zurück - Hollywood holt seine Seniorhelden aus dem Ruhestand.

Tobias Kniebe

Niemand hatte noch ernsthaft damit gerechnet, nach Jahren voll falscher Gerüchte und gescheiterter Pläne, aber jetzt ist es soweit. Drei von Hollywoods Action-Ikonen der Achtzigerjahre werden demnächst ins Kino zurückkehren: John McClane, der Katastrophen-Cop aus "Stirb langsam"; Indiana Jones, der Archäologe mit der Bullenpeitsche; und John Rambo, der ewig traumatisierte Vietnamkrieger. Bruce Willis, Harrison Ford und Sylvester Stallone, zwischen 52 und 64 Jahre alt, wollen es noch einmal wissen.

Sylvester Stallone am 14. Juni 2006 im Palms Casino Resort in Las Vegas, Nevada. (Foto: Foto: Getty Images)

Drei abgeschlossene Filmtrilogien werden aufgebrochen und um einen vierten Teil ergänzt. Eine konzertierte Aktion, so scheint es, bei der nur Arnold Schwarzenegger fehlt - der Mann hat als Politiker seine Bestimmung gefunden und verlauten lassen, dass er definitiv nicht mehr als Terminator zurückkehren werde. Ist er der Einzige, der so etwas wie Weisheit erlangt hat? Werden die anderen drei sich nun lächerlich machen, ihr Lebenswerk zerstören, ihre Legende beschmutzen? Wir hoffen es nicht - aber die Befürchtungen sind groß.

Jetzt könnte man sagen, dass Hollywood doch ständig misslungene Fortsetzungen produziert, dass auch "Stirb langsam II" schon absurder Quatsch war und "Rambo III" ein haarsträubender Propagandastreifen für die Sache der afghanischen Taliban. Wo also ist das Problem? Die Sache ist die: Wir Kinder der Achtzigerjahre würden gern, bitteschön, wenigstens einen Teil unserer Illusionen bewahren. Wir würden gern weiterhin glauben, dass Steven Spielberg, George Lucas und Harrison Ford nie besser waren als in der doch recht perfekten Indiana-Jones-Trilogie.

Wir würden McClane und Rambo gern so im Gedächtnis behalten, wie wir sie verlassen haben, als zwar fragwürdige, aber doch gesellschaftlich relevante Typen. Es ist ein gefährliches Spiel, nach so vielen Jahren über einen dritten Teil hinauszugehen: Man tritt ins Land der Endlosserien ein, wo auch Freddy Krueger und Jason der Schlitzer hausen, man riskiert den schlechtesten "Rocky" und den dämlichsten "Krieg der Sterne", man richtet einen Schaden an, der allenfalls mit dem sechsten Teil wieder gutzumachen ist - was Stallone gerade erst selbst bewiesen hat. Nummer vier gelingt eigentlich nie.

Hast du das gesehen?

Wie schlimm also wird es? Bei "Stirb langsam 4.0" wird man es als erstes wissen, der startet bereits am 27. Juni. Der Trailer zeigt ein paar durchaus spektakuläre Autostunts (gut), einen kahlen Bruce Willis als John McClane (okay) und einen Nobody names Timothy Olyphant in der Rolle des Schurken (schlecht) - da waren Gegner wie Alan Rickman und Jeremy Irons doch andere Kaliber. Genauso bedenklich: Weil es um einen Plot zur Ausschaltung aller Computernetze geht, muss Willis die ganze Zeit einen jungen Hacker mitschleppen, der dauernd "Boa, hast du das gesehen?" stammelt. Hauptsorgenpunkt der Fans: Der Film hat in den USA die Jugendfreigabe "PG-13" erhalten, was unter anderem bedeutet, dass McClane nur zweimal "fuck" sagen darf - das klingt nach Verwässerung, Ausverkauf, nach Kuschelkino für die ganze Familie.

Aber nein, schwört Willis, der sich in den Foren von "Aintitcool.com" persönlich zu Wort gemeldet hat, der neue "Stirb langsam" sei so gut und so hart wie der erste, der nach allgemeinem Urteil der wahre Klassiker ist. Gleich mehrere Tage lang stand der Star seinen Fans Rede und Antwort, nahm kein Blatt vor den Mund und entpuppte sich als ehrliche Haut. Wie gern würden wir ihm glauben ...

Von "Rambo IV", den Sylvester Stallone Anfang des Jahres in Eigenregie im Dschungel von Thailand gedreht hat, gibt es einen ersten Trailer auf Youtube. Man sieht den ziemlich abgewrackten John Rambo als Bootskapitän, der auf dem Salween River in Thailand ein bescheidenes Leben fristet, den Abgesandten einer christlichen Hilfsorganisation, die ins benachbarte Völkermordgebiet von Birma reisen wollen, aber jede Hilfe verweigern. Dann werden sie gekidnappt, Rambo hält ein Kreuz in den Händen und betet zusammen mit einem Priester, ungelogen, und anschließend metzelt er los: Köpft einen Wachposten mit dem Messer, schießt einen anderen mit dem Maschinengewehr zu Brei, reißt einem Folterer den Kehlkopf heraus und dem anderen die Eingeweide. Töten sei im Ernstfall so leicht wie Atmen, erklärt er einer schockierten aber trotzdem dankbaren Christenbraut. Das klingt nach der brutalstmöglichen Neuinterpretation des Klassikers "African Queen", und positiv stimmt daran nur, dass es wenigstens nicht um die USA geht. Das christliche Element der Geschichte, verknüpft mit einer selbst für Rambo bisher unvorstellbaren Brutalität, lässt jedoch eher das Schlimmste befürchten.

Bis zum bitteren Ende

Also ruhen alle Hoffnungen auf "Indiana Jones und der leider noch geheime Titel", dessen Dreharbeiten in diesen Tagen in New England beginnen. Aber was heißt schon Hoffungen? Erst vor wenigen Tagen erklärte Sean Connery, der noch einmal als Indys Vater auftauchen sollte, dass er doch lieber im Ruhestand bleiben werde. Wer sollte den Senior, der im Drehbuch von David Koepp dringend vorgesehen ist, nun ersetzen?

Das wird ein Problem. Genauso bedenklich klingt die Enthüllung, dass Indiana nun, wir schreiben das Jahr 1957, einen Sohn hat, mit lockigen Haaren und einer ziemlich großen Nase. Die verdanken wir Shia LaBeouf, einem zwanzigjährigen Milchgesicht, das Steven Spielberg momentan in jedem zweiten Dreamworks-Film platziert, dem wir aber trotzdem keinerlei Starqualität zutrauen. Hoffnungsvoll stimmt am Ende allein die Tatsache, dass auch die wunderbare Cate Blanchett mit von der Partie ist. Der trauen wir, eher als der versammelten Altherrenrunde, noch am ehesten einen intakten Bullshit-Detektor zu.

Warum das alles gerade jetzt passiert? Schwer zu sagen. Bevor er sich an seinen letzten "Rocky" machte, war Sylvester Stallone völlig abgeschrieben, aber auch Bruce Willis und Harrison Ford hatten schon lange keinen richtigen Hit mehr. Es steigt also der Druck, die letzten greifbaren Imagewerte noch einmal zur Altersversorgung heranzuziehen. Dazu kommt das allgemeine Warum-nicht-Gefühl: Warum sollte eine Gesellschaft, die an keiner Front mehr den natürlichen Lauf der Dinge akzeptiert, nicht auch das Verfallsdatum ihrer Actionhelden neu definieren?

Der Kern des Problems ist aber noch ein wenig trauriger: Schon lange gibt es keinen Schreiber mit den gesellschaftlichen Urinstinkten eines Sylvester Stallone mehr, schon lange fahren Spielberg und Lucas nicht mehr zusammen in Urlaub, um sich beim Sandburgenbauen Dinge wie Indiana Jones auszudenken - und schon lange traut sich keiner mehr, einen großen Actionfilm mit einem kaum bekannten neuen Fernsehgesicht zu verkaufen, wie es damals bei Bruce Willis und "Stirb langsam" geschah. Wo Mut und Energie fehlen, um neue Legenden zu schaffen, müssen eben die alten weitererzählt werden - bis zum bitteren Ende.

© SZ v. 15.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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