Ray-Charles-Darsteller im Gespräch:Klavierspielen ist auch nur ein Sport

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Jamie Foxx, mit der Rolle des Ray Charles in Hollywood zum Oscar-Favoriten geworden, über Wurzeln des Erfolgs.

Interview: Anke Sterneborg

Es kam schnell und irgendwie unerwartet, aber nun ist es sonnenklar - 2004 war the Year of the Foxx. Mit zwei großen Rollen hat sich Jamie Foxx ganz nach vorn gespielt in Hollywood, als Taxidriver Max in Michael Manns Thriller "Collateral" und nun als Ray Charles, in Taylor Hackfords "Ray", der diese Woche bei uns startet.

In seiner Rolle als Ray Charles am Klavier: Jamie Foxx. (Foto: Foto: dpa)

Lange Jahre als erfolgreicher Komiker, viele kleine Rollen in durchschnittlichen Filmen und eine Karriere als Musiker haben ihn auf den Ruhm vorbereitet, dem der als Eric Bishop geborene Schauspieler nun ausgesprochen gelassen begegnet.

SZ: Drei Golden-Globes-Nominierungen - für "Ray" und "Collateral", sowie für die TV-Serie "Redemption" -, höchste Erwartungen für den Oscar, die Beteiligung an einem Nummer-1-Hit: Man muss sich wundern, dass Sie nicht einige Zentimeter über dem Boden schweben... Jamie Foxx: Ja schon ... Und dann ist das auch noch an meinem Geburtstag passiert, diese Geschichte mit den Globes, am 13.Dezember! Wahrscheinlich liegt es an meinen Freunden, dass ich auf dem Teppich bleibe. Wir haben viel Spaß miteinander - da nimmt man einfach das Leben nie zu ernst. Für manche Leute könnte das gefährlich werden, plötzlich glauben sie, sie müssten drei Bodyguards haben ... Aber was zählt, ist immer nur die Arbeit. Dass man zwischen den Rufen "Action" und "Cut" sein Bestes geben muss - und alles was danach kommt, ob Globes oder Oscars, bedeutet dann nur, dass man zwischen diesen beiden Worten alles gegeben hat.

SZ: Sie scheinen auch keine übertriebene Scheu vor Stars wie Al Pacino, Tom Cruise, Will Smith zu haben. Was bedeutet Ihnen persönlich der Ruhm? Foxx: Ich liebe diese Jungs, und bin ein echter Fan von ihnen - und das bedeutet nicht nur, dass man sie ums Autogramm bittet, sondern vor allem, dass man ihnen Respekt zollt. Sie sind bei allem Ruhm bescheiden und freundlich geblieben ... Es hat Spaß gemacht, sie zum Lachen zu bringen, ich kenne sie schon lange, sie sind ja immer in die Comedy Clubs gekommen sind, wo ich aufgetreten bin. Der Ruhm ist aber immer nur ein Nebenprodukt - das ist heute anders als vor zwanzig Jahren, als es noch richtige Stars gab. Heute beziehen viele ihren Ruhm nur noch aus der Skandalpresse.

SZ: Haben Sie gezögert, beim Angebot, eine Ikone wie Ray Charles zu spielen? Foxx: Wenn man zögert, verliert man. Man darf im Leben niemals zögern! Ich sage immer: Was sind schon hundert Lebensjahre im Verhältnis zur Unendlichkeit. Wenn man also die Chance bekommt, einen wie Ray Charles zu spielen, und das Gefühl hat, man könnte es schaffen, dann muss man es wagen. Sonst erfährt man nie, was man wirklich erreichen kann.

SZ: Als Komiker haben Sie viele berühmte Persönlichkeiten imitiert, hat Ihnen das bei der Rolle von Ray geholfen? Foxx: Die Bühne der Comedy-Show "Living Color" war für mich eine sehr gute Schule. Leute wie Jim Carrey haben mich gelehrt, dass man sich sehr tief in eine Figur hineinversenken muss, damit es für die Leute wirklich glaubhaft wird - auch wenn es nur ein Comedy-Sketch ist. In einem Film dreht man das ein paar Grade zurück, man spielt, als sei das nicht der Star, sondern Ray privat, zuhause. Man muss die Arbeit so fein nuancieren, dass es keine Imitation mehr ist, sondern eine wikrliche Person wird.

SZ: Sie haben im Boxer-Film "Ali" und in "Collateral" für Michael Mann gespielt und arbeiten nun, bei der Filmfassung von "Miami Vice", zum dritten Mal mit ihm zusammen. Foxx: Wir sind Freunde. Es gibt da eine richtige Nähe, wir entdecken immer neue Seiten aneinander. Ich habe ihm immer gesagt, dass er der erste Weiße ist, mit dem ich mich rumtreibe. Ich respektiere seine Ideen und Gedanken, fühle mich wie sein Student.

SZ: Hat es Sie irgendwie gestört, dass es in "Ali" und "Ray" weiße Regisseure waren, die die Geschichte schwarzer Kultfiguren erzählten? Foxx: Wenn es um Kunst geht, gibt es keine Hautfarbe. Entscheidend war, dass Taylor Hackford zugehört hat, und nicht so ein Regisseur ist, dem es nur um seine eigene Vision geht. Man kann jemandem, der deutsch ist oder jüdisch oder puertorikanisch, nichts über seine Kultur erzählen ... Taylor Hackford hat immer aufmerksam zugehört, wenn wir ihm von der schwarzen Erfahrung erzählt haben.

Ray Charles und er haben 15 Jahre daran gearbeitet, dieses Projekt zu verwirklichen. Hackford hat mit "La Bamba" und "Devil's Advocate" und "Idolmaker" gezeigt, wie man Musik filmisch umsetzt. Und wenn man Ray Charles anschaut, dann kommt der zwar in einer schwarzen Verpackung daher, doch seine Musik ist schwarz, weiß, grün, rot ... alle wurden durch seine Musik verbunden.

SZ: Im Vergleich zu Leuten wie beispielsweise Spike Lee wirken sehr entspannt. Wie wichtig ist es für Sie, in Ihrer Arbeit gegen den Rassismus zu wirken? Foxx: Man nutzt seinen Einfluss, um den Leuten die Augen zu öffnen. Ich komme aus Texas, aus dem Süden, da hat sich bis heute wenig verändert. Am wichtigsten ist, dass man seine Kultur liebt, sie feiert. Eine Freundin hat gerade den Grammy gewonnen, sie liebt ihre Heimat Hawaii und ihre Kultur, und wo immer sie hingeht, verbreitet sie das. Man muss das nicht extra thematisieren, es ist einfach die selbstverständliche, natürliche Liebe zur eigenen Kultur: Let it happen.

SZ: Gibt es Verbindungen zwischen dem Sport, in "Ali" und "Any Given Sunday" von Oliver Stone, und der populären Musik in "Ray"? Foxx: Ich bin ein großer Sportfan, habe in der Highschool Football gespielt, mein Vater war Trainer. Ich sehe da überall Analogien ... Als man mich fragte, was jetzt, nach den drei Globes-Nominierungen kommen mag, habe ich das mit dem Basketball verglichen: Als Michael Jordan die 50 Punkte für die Chicago Bulls im Madison Square Garden machte, hat er doch nicht darauf seinen Trip zu den L.A. Lakers abgesagt, hat einfach weiter Basketball gespielt.

Bei "Any Given Sunday" hatte ich Glück, dass ich selbst einst Quarterback war, bei "Ray" war es hilfreich, dass ich Klavier spielen kann, das ist auch eine Art Sport. Da geht es überall um ein hohes Maß an Konkurrenz und Wettbewerb, und zwar nicht nur den anderen gegenüber, sondern auch sich selbst. Es geht immer auch darum, ob man genug Punkte gegen die Dämonen macht, gegen die Drogen, gegen die Sehnsucht nach Frauen ...

SZ: Was ist das Wichtigste, das Sie von Ray gelernt haben? Foxx: Der Mut. In den Vierzigern und Fünfzigern gab es nicht viele Leute, die sich blind durch den Süden navigierten. Er musste jeden einzelnen Menschen, den er traf, erspüren und entscheiden, ob er ihm vertrauen kann.

SZ: Wie schwer war es, auf die Augen, eins der wichtigsten Mittel bei der Schauspielerei, zu verzichten? Foxx: Das war ganz schrecklich, zwölf bis vierzehn Stunden täglich blind zu sein ... ich hatte das Bedürfnis einfach nur zu sehen. Aber ich habe genau das auch genutzt, um die Rolle zu erarbeiten, ich bin sicher es gab jede Menge Momente in denen auch er einfach nur sehen wollte, die Bäume, den Himmel, seine Mutter ... Gleichzeitig hat er die Blindheit auch benutzt, um sich abzuschotten, manche Dinge, mit denen er nichts zu tun haben wollte, einfach auszuklammern.

© SZ vom 3.1.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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