Rauchen: "Presseclub" und "Anne Will":Bis einer raucht

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Geblökt, dazwischengeredet und kurz das Echauffieren geprobt: Die ARD verschwand beim Thema Qualm mal wieder im Dunst.

Hans Hoff

Zum Leidwesen einsichtiger Menschen funktionieren Konferenzen oft nach der Devise, dass zu einem Thema zwar schon alles gesagt wurde, aber noch nicht von jedem. Also wird erneut zerkaut, was längst Brei ist.

Der Zuschauer blieb am Sonntag bei der ARD im Dunst. (Foto: Foto: ddp)

Ein bisschen wie solche Konferenzen muss man sich das öffentliche TV zwischen Europameisterschaft und Olympia vorstellen, das sehr verzweifelt nach Themen sucht, mit denen man die Sendeflächen halbwegs sinnvoll füllen kann. Die Verfüllung der Fläche funktioniert dank trainierter Routine weitgehend reibungslos, mit dem Sinn ist das nicht selten so eine Sache.

Sehr schön wurde das am Sonntag in der ARD beim verbalen Parallelslalom demonstriert, den "Presseclub" und "Anne Will" zwischen den vom Urteil zum Nichtraucherschutz aufgestellten Stangen austrugen. Morgens parlierten Journalisten, abends Politiker und Lobbyisten.

"Wie's jetzt weiter geht, das weiß keiner", sagte Presseclub-Moderator Jörg Schönenborn zu Beginn, und es verwunderte wenig, dass sich daran gegen Ende des Tages kaum etwas geändert hatte. Dafür hatte man lang darüber geredet, was ja aus sozialpädagogischer Sicht durchaus einen Wert darstellen kann.

Falls Helmut Schmidt auftaucht

So jedenfalls repetierten die im Kölner Studio anwesenden Journalisten Tage nach dem Karlsruhe-Urteil noch einmal so brav und harmonisch ihre Leitartikel, dass es schon sensationell wirkte, als Schönenborn mitteilte, dass für Raucher im Presseclub ein Sicherheitsaschenbecher vorgehalten werde. Wohl für den Fall, dass Helmut Schmidt mal auftaucht. Ansonsten schien es durchweg, als habe der Presseclub sich absichtlich zurückgehalten, um der Runde von Anne Will nicht noch das letzte Argument vorwegzunehmen.

Da passte es perfekt, dass Anne Will unmittelbar nach dem Presseclub kurz fürs selbe Thema werben durfte. Das Signal war klar: Wenn Sie in Sachen Rauchverbot jetzt nicht klug geworden sind, dann vielleicht heute Abend. Es blieb bei der Hoffnung, denn auch im Berliner Studio wurde der Dunst über den Stammtischen kein bisschen gelüftet.

Dort saßen die Politiker Daniel Bahr, Barbara Rütting und Lothar Binding, der Anwalt Michael Scheele und Marianne Tritz. Kurz nur währte Wills Versuch, die ehemalige Grünen-Abgeordnete Tritz, die nun in Diensten der Raucherlobby unterwegs ist, zu demaskieren. Da diese aber brav fast alles zugab oder verklärte, was man ihr vorwarf, verpuffte das journalistische Anliegen. Es wurde ein bisschen geblökt, ein wenig dazwischengeredet und kurz das Echauffieren geprobt.

Am Schluss stand die Einsicht, dass sich Presseclub und Anne Will durch Köpfe, Farbgebung und Sitzordnung unterschieden, dass man die Sendungen aber ansonsten getrost hätte austauschen können.

Das provoziert einen Blick auf den Kalender. Der sagt Sommer. Zeit der Wiederholungen. Notfalls auch am selben Tag? Das eröffnet weitere Möglichkeiten in der ARD. Irgendjemand sollte schleunigst eine Konferenz einberufen.

© SZ vom 05.08.08/sst - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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