Prominente Autoren:Alles, was echt ist

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Doku und Dichtung: Doris Dörrie kuratiert das Forum:Autoren beim Literaturfest 2017. (Foto: Volker Derlath)

Zum achten Literaturfest München kommen Salman Rushdie und Ken Follett - und Doris Dörrie fragt als Kuratorin des Forum: Autoren nach den Grenzen zwischen Fakten, Fake und Fiktion

Von Antje Weber

Hans-Georg Küppers schwärmt. Zum achten Mal stehe ein "literarischer Ausnahmezustand" an; ein "angenehmer Ausnahmezustand", wie der städtische Kulturreferent betont. Das liege insbesondere an den wechselnden Kuratoren beim Literaturfest, die bisher alle mit "sehr hoher Leidenschaft und Professionalität ihr sehr eigenes Programm geschaffen" hätten. Dass man diesmal die prominente Münchner Regisseurin und Schriftstellerin Doris Dörrie gewonnen hat, passt da natürlich bestens: "Wir sind stolz darauf!" Und so erwartet Küppers für die Wochen vom 15. November bis 3. Dezember "ein richtig mitreißendes literarisches Programm, das neugierig macht".

Und neugierig macht das detaillierte Programm, das nun im Literaturhaus vorgestellt wurde, in der Tat. Das liegt nicht nur an der Fülle klingender Namen von Salman Rushdie bis Ken Follett, mit denen die Literaturfest-Veranstalter wieder einmal aufwarten, sondern auch am höchst aktuellen Motto, das Dörrie für das "Forum Autoren" ausgerufen hat: "Alles Echt. Alles Fiktion". Die Frage nach den Grenzen zwischen Fakten, Fake und Fiktion ist für Dörrie eine essenzielle: "Das bewegt mich sehr." Zum einen beobachtet sie die "komplette Fiktionalisierung unserer Welt" in den sozialen Medien, zum anderen in der Literatur einen "Hunger nach dem, was echt ist". Das erkläre den Erfolg der Memoirs, den Erfolg auch eines Karl Ove Knausgård. Dessen "sechs Bände über seinen Windelalltag" gälten als große Literatur, lästert sie gleich mal schön los, bei einem ähnlichen Projekt von Frauen dagegen wäre "der Vorwurf der Banalität nicht weit". Dörrie lässt daher ihr Forum bewusst mit einem Abend beginnen, an dem drei Frauen von ihrem Blick auf sich selbst und die Welt erzählen: Deborah Feldman, Elena Lappin und Ariel Levy.

Die aktuelle politische Brisanz des Themas wird dieses "Forum Autoren" natürlich ebenfalls prägen: Zum Symposium am 18. und 19. November hat Dörrie so unterschiedliche Gäste wie den Journalisten Cordt Schnibben, den Kulturtheoretiker Klaus Theweleit und eine Zen-Priesterin eingeladen. Bei einem gemeinsamen Abend mit Olli Dittrich wiederum will sie die "elende Grenze zwischen U und E aufheben". Und wie zu erwarten bei der Filmemacherin, die an der HFF den Lehrstuhl Drehbuch/Creative Writing leitet, will sie sich nicht nur auf das Medium Buch beschränken: Ein Podium wird sich mit dem "Audio-Storytelling" der Podcasts beschäftigen; außerdem wird es eine die Literatur ergänzende Filmreihe in der HFF geben - mitsamt einem Workshop, bei dem man laut Dörrie "lernt, wie man Filme lesen kann".

Eine allnächtliche Bar namens "Panoptikum" ist übrigens auch geplant, sie soll im Ausstellungssaal des Literaturhauses für den "Festivalcharakter" sorgen, den sich auch Literaturhaus-Chefin Tanja Graf erhofft. Die Programme des "Forum Autoren" und des Literaturhauses seien überhaupt "enger verzahnt als sonst", erklärt sie; eine erfreuliche Entwicklung angesichts des anfänglich nicht immer einfachen Miteinanders der verschiedenen Veranstalter.

Zu denen zählt eben zum einen das Literaturhaus; hier werden des weiteren noch Péter Nádas und Colson Whitehead zu erleben sein, und vor einem "Markt der unabhängigen Verlage" wird der Freistaat am 27. November den Bayerischen Kleinverlagspreis vergeben: Er geht in diesem Jahr an den Augsburger Maro Verlag. Zum anderen rundet die nunmehr 58. Münchner Bücherschau im Gasteig das Literaturfest ab. Deren Programm-Kurator Thomas Kraft kündigt diesmal vor allem deutschsprachige Autoren an, von Ulla Hahn und Robert Menasse bis zu den Spoken-Word-Größen Nora Gomringer und Bas Böttcher. Die traditionsreiche Buchausstellung im Gasteig wird außerdem wie immer von einem feinen Kinderprogramm begleitet; neben Paul Maar sind zum Beispiel Andreas Steinhöfel und Ursula Poznanski eingeladen. Und so kann man nur hoffen, dass in diesem Jahr weiter gilt, was der Vorsitzende Michael Then vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels beschwört: "Bücher sind der Klebstoff, der uns miteinander verbindet."

Literaturfest München , 15. November bis 3. Dezember, Informationen unter www.literaturfest-muenchen.de

© SZ vom 29.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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