Post-Punk:Aus dem Gefrierfach

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"Bleib Modern" kommen ins Sunny Red

Von Martin Pfnür, Coburg

Als in den späten Siebzigerjahren eine erfrischend avantgardistische, jegliche Rockismen verweigernde Nischenmusik aufkam, die in Abgrenzung zum musikalisch konventionellen Punk mit dem Begriff Post-Punk überschrieben wurde, war noch nicht recht abzusehen, welch feine Verästelungen sich aus diesen Klängen noch ergeben sollten. Denn klar, der unterkühlte Post-Punk wie ihn Bands wie Joy Division, Siouxsie and the Banshees oder Bauhaus spielten, er ist in Sachen Sound und Performance noch immer der Urknall, der musikalische Impetus für all die Dream- und Synth-Popper, Shoegazer und Dark Waver von heute. Post-Punk, das ist im Grunde ein seit den Neunzigern stetig anhaltendes Revival der Düsternis, längst ebenso im Untergrund wie auf den großen Bühnen ( Interpol, Editors) zu Hause.

So wirkt denn auch der Name dieser feinen Band aus dem Oberfränkischen wie eine Beschwörung: Bleib Modern, vor anderthalb Jahren in Coburg als anfängliches Soloprojekt des Sängers und Gitarristen Philipp Läufer gegründet, interpretieren diese fein ziselierte, melodisch-introspektive Musik auf derart abgeklärte Weise, dass man sich schon fragen darf, wie sie das in so kurzer Zeit hinbekommen haben. Wuchtig rollt auf ihrem Debüt "All Is Fair In Love And War" der Bass, streben die Drums repetitiv voran, während immer wieder filigrane Gitarren-Arpeggien durch den Klangraum hallen und Läufers Stimme schlecht gelaunte bis düstere Zeilen von einem Ort aus deklamiert, den man eher im Diesseits vermutet. Höchst gravitätische Musik aus dem Gefrierfach ist das; Musik, die den Hörer mit ihrer gruftigen Erhabenheit, mit ihren wabernden Synthieschlieren umhüllt; Musik, die die Trauer zum Prinzip erklärt; und doch auch Musik, der eine nach Patschuli duftende Süße innewohnt.

Umso erstaunlicher erscheint all das, wenn man bedenkt, dass Philipp Läufer und Band lange Zeit als Forlorn Sights deutlich wüstere Hardcore- und Metal-Klänge kreierten und die fünf Mitglieder sich heute auf vier Städte (Coburg, Bamberg, München, Jena) verteilen. "Wir spielen wahrscheinlich mehr Konzerte als Proben", berichtet Läufer. Ins Sunny Red kommen Bleib Modern nun mit ihrem neuen Album "Vale Of Tears". Es ist ihr zweites innerhalb der besagten anderthalb Jahre, und es lässt den puristischen Ansatz des Debüts zugunsten eines Sounds zurück, der in seiner Weite und seiner Wucht, in seinen turmhoch geschichteten Gitarrenwänden, vermehrt die kathartische Wirkmacht des Shoegaze mit der feinteiligen Eleganz des Post-Punk verknüpft. Ob das nun modern ist, sei mal dahingestellt - zeitlos und großartig ist es unbedingt.

Bleib Modern , Mittwoch, 25. Mai, 20 Uhr, Sunny Red, Hansastraße 39

© SZ vom 25.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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