Wie die beiden am Anfang die Uhr wegwerfen und dann durch die Wüste brettern, begleitet von diesem orgiastischen "Born to Be Wild", und wie sie am Ende abgeknallt werden, weil sie, Roger McGuinn singt es, nicht zur Folgsamkeit geboren waren - das war ein Film fürs Leben, cinema liberté, reine Musik.
Der Rezensent drehte schier durch, als er im Sommer 1969 aus dem Kino kam: "Ich habe vor dem Columbiahaus gestanden und gemerkt, dass ich tatsächlich so aussehe wie die Leute in dem Film, dass ich die Musik von Jimi Hendrix mag, dass ich in vielen Lokalen nicht bedient werde, dass ich auch wegen NICHTS im Gefängnis gesessen habe."
Der Rezensent war Wim Wenders, den damals nur ein übler LSD-Trip daran hinderte, mit Dieter Kunzelmann ins wilde Italien und den politischen Untergrund aufzubrechen. Wenders wollte nicht glauben, was er in "Easy Rider" sah: ein Amerika, in dem der Western die Waffe gegen sich selber richtete. Bob Dylan kam das so negativ vor, dass er "It's Alright, Ma (I'm Only Bleeding)" nicht dafür hergeben mochte. "Irgendwann werden die Leute auch schießen, habe ich gedacht", und das hatten sie ja schon, in Berlin.
Heute läuft im Kino die Travestie "Born to Be Wild": John Travolta und Tim Allen auf Bikes, die nur durch Spezialeffekte ohne Stützräder auskommen. "Easy Rider" gibt es als DVD in der Focus-Edition. Aber bitte: Die Vorstellung, dass Helmut Markwort mit einem schneidigen "Born to Be Wild" in den Sonnenuntergang hinter Germering brettert, versöhnt augenblicksweise absolut mit dem allgemeinen grassierenden Wertezerfall.