Personen-Archiv:Verleger Ludwig Munzinger gestorben

Er war der Herr der Daten: 43 Jahre lang hat Ludwig Munzinger das gleichnamige Archiv geleitet - auf die Richtigkeit der Lebensdaten und Informationen in dem Personen-Nachschlagewerk ist bis heute Verlass. Nun ist der Verleger und Publizist im Alter von 91 Jahren gestorben.

Willi Winkler

Heute kann sich jeder auf Wikipedia beziehen, das zwar kostenlos ist, aber dafür den Baron Guttenberg manchmal mit einem zusätzlichen Vornamen beschenkt oder den französischen Rocker Johnny Hallyday vorzeitig zu Tode bringt. Dem " Munzinger" wäre das nie passiert.

Endlos präzise hat er gearbeitet: Ludwig Munzinger. Das gleichnamige Personen-Archiv gilt bis heute als verlässliche Quelle. (Foto: dpa)

Mit bürokratischer Kleinlichkeit, also der erforderlichen Genauigkeit, werden in dieser Enzyklopädie, die Ludwig Munzinger senior von 1913 an herausgab, die Lebensstationen aller Personen verzeichnet, die auf irgendeine Weise öffentliches Interesse beanspruchen können.

Die Angaben sind so präzise, dass sich auf dem Blatt über den Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer bis zum Herbst 1977 sogar dessen Privatadresse in Stuttgart befand. Die endlose und immer wieder aktualisierte Loseblatt-Sammlung, über Jahrzehnte festes Ausstattungsstück aller städtischen Büchereien, war das Werk des Juniors.

Der 1921 geborene Sohn hatte ein Jurastudium begonnen, als er 1941 eingezogen wurde. Bei Kriegsende geriet er als Wehrmachtsoffizier in russische Gefangenschaft. Seine Doktorarbeit trug einen Titel, der ihn unvermeidlich zur Nachfolge des Gründers bestimmte: "Beiträge zum rechtlichen Schutz der Nachricht". Von 1985 an begann er den Verlag auf elektronische Informationen umzustellen; die vertraute Schreibmaschinenschrift verschwand.

Munzingers eigentliches Werk entstand im Verborgenen: Im Lauf seines Lebens verfasste er mehr als zehntausend Biographien selber. Die Angabe findet sich auf dem am 11. April aktualisierten Blatt des Munzinger-Archivs, wer also wollte daran zweifeln? Der Polyhistor Ludwig Munzinger starb 91-jährig am Karsamstag in Ravensburg.

© SZ vom 12.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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