Personalie:Götz zum Abschied

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Nicht immer Freund der Politiker: Intendant André Brücker. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

André Brücker: Augsburgs Intendant kommt aus Dessau

Von Stefan Mayr, Augsburg

André Bückers Freunde und Fans nennen ihn "Querulant" und "Sprengmeister". Was sagen dann erst seine Feinde über ihn? "Sie sind dem Land nicht vermittelbar", sagte Dessaus Oberbürgermeister Peter Kuras (FDP) zu dem 46-jährigen Generalintendanten des Anhaltischen Theaters, nachdem er dessen Stelle ausschreiben ließ. Jetzt hat Bücker eine neue Stelle gefunden. Er wird im Sommer 2017 Intendant des Augsburger Theaters.

Die Augsburger dürfen sich auf André Bücker freuen - jedenfalls jene unter ihnen, die Lust auf unbekümmertes, unkonventionelles und unbequemes Theater haben. Nach fünf Jahren als Generalintendant in Dessau verabschiedete sich André Bücker mit dem "Götz von Berlichingen" - diese Inszenierung darf getrost als eindeutige Botschaft an Sachsen-Anhalts Politiker interpretiert werden.

Bücker ist ein politischer Kopf mit Rückgrat. Vor seinem Abgang hatte er sich massiv mit Kultusminister Stephan Dorgerloh angelegt. Der SPD-Mann hatte den Zuschuss für das Theater um 2,8 Millionen Euro gesenkt und den Dessauern empfohlen, einfach auf die Sparten Schauspiel und Ballett zu verzichten. Das machte Bücker nicht mit. Er brachte den Stadtrat hinter sich und organisierte einen zehnprozentigen Lohnverzicht des Ensembles. Seitdem gilt er als Retter drei Sparten plus Puppentheater und Philharmonie.

Unter Bückers Ägide wurde der gesamte Wagner-Zyklus "Der Ring des Nibelungen" aufgeführt. Das hatte es in Dessau, dem "Bayreuth des Ostens", seit 50 Jahren nicht mehr gegeben. Brücker kooperiert mit Musikschulen, Kirchen, Museen, um Kleinprojekte an ungewöhnlichen Orten aufzuführen. Er lädt um fünf Uhr morgens zum Zaubertheater. Er inszeniert in Jugendtreffs, Diskotheken und Bibliotheken.

Dies werden in Augsburg jene Kulturschaffende gerne hören, die gegen die 186 Millionen Euro teure Sanierung des Theaters aufbegehrten. Sie forderten Mitspracherecht und drohten mit einem Bürgerbegehren. Die Politik lenkte ein, derzeit läuft ein Dialog-Prozess, an dem sich alle Einwohner der Stadt beteiligen können. Die ersten Workshops waren voll bis unter die Decke, und immer wieder wurde eine Forderung laut: Das Theater müsse sich für jüngeres und neues Publikum öffnen - und auch auf die freie Theater-Szene der Stadt zugehen. André Bücker zeigt sich offen für solche Dinge: "Meine vordringlichste Aufgabe wird sein, die Kommunikation zu suchen und zuzuhören." Sobald sein Vertrag unterzeichnet ist, werde er sich am Dialog beteiligen: "Nur wenn man begreift, was die Leute bewegt, kann man einen guten Plan machen", sagt Bücker.

Der Vater eines vierjährigen Sohnes ist auch Dozent an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Und mit ihm wird auch Friedrich Meyer als kaufmännischer Direktor von Anhalt nach Schwaben kommen. Der Stadtrat muss im Dezember noch den Verträgen zustimmen, dies gilt aber als Formalie. Beide wechseln quasi auf eine Baustelle, denn das marode Große Haus muss 2017 aus Sicherheitsgründen geschlossen werden. Während der Sanierung sind gute Ideen gefragt. "Wenn man das mit positiver Energie angeht, birgt das auch kreative Chancen", sagt Bücker, und: "Augsburg hat phantastische Orte für Inszenierungen."

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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