Neue Volksmusik:Zwei auf der Eins

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Der Fraunhofer-Preis wird erstmals geteilt

Von Oliver Hochkeppel, München

Man darf sicher behaupten, dass die Fraunhofer-Volksmusiktage zu den Institutionen gehören, die der aktuellen Heimatsound-Welle den Boden bereitet haben. Während sich der von Popmusik-Labels aufgenommene Trend meist revolutionär gibt, die Verbindung zum Alten also oft nur noch in der Negation besteht, geht es im Fraunhofer nach wie vor evolutionär zu: Die Neue Volxmusik wurzelt da in der Tradition. Am besten kann man das beim alle zwei Jahre zur Krönung der Volksmusiktage ausgetragenen Fraunhofer-Volksmusikpreis sehen, bei dem junge Musiker auf der Bühne auch gestandene Größen im Saal begeistern.

Die drei vorausgewählten Bands schafften das auch diesmal mit einem jeweils eigenen Dreh. Wobei die drei Frauen von Wonnebeats nicht nur wegen der Auslosung als Starter im Nachteil waren. Von der Latin-Percussion kommend wirkten ihre entsprechend rhythmisierten A-cappella-Stücke mitunter der Volksmusik aufgepfropft. Und ein "Guantanamera" kann einen auch mit schwäbischem Text nicht mehr überraschen. So war schnell klar, dass sie gegen die zwei Konkurrenten keine Chance haben würden. Nicht gegen die Wiener Tanzhausgeiger, deren mit Czardas-, Klezmer- und Balkan-Elementen angereicherten Adaptionen niederbayerischer und altösterreichischer Tanzlieder mit unglaublicher Musikalität und Virtuosität glänzten. Und nicht gegen den druckvollen Volks-Pop der Großstadt Boazn, deren Repertoire von stark an Herbert Pixner erinnernden Ziach-Reißern über griechisch-lateinamerikanische Anwandlungen bis zur Ländler-Version von Stefan Remmlers NDW-Klassiker "Keine Sterne in Athen" reichte.

Dass die Qualitäten der beiden Favoriten schwer gegeneinander zu werten sind, brachte die Jury erst in die Bredouille, dann aber zu einem Novum: Zum ersten Mal wurde der erste Preis geteilt. Eine salomonische Lösung, die den glücklichen Ausklang des Abends ebenso befeuerte wie der Umstand, dass aus der Sieger-Zugabe eine Jam Session wurde. Hermann Haertel von den Tanzhausgeigern rief alle auf die Bühne und zur Band "Wonneboazngeiger" aus. Auch dieses "Z'amspuin" ist also eine Traditionspflege, aus der sich etwas Neues ergeben kann.

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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