Neue Serie: "Damages":Der Teufel trägt Einreiher

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Schein und Sein zwischen Gut und Böse und eine fabelhaft kaltblütige Glenn Close: Mit der neuen Anwaltsserie "Damages" könnte Kabel 1 die Rückkehr in den TV-Olymp gelingen.

Simon Feldmer

Vielleicht muss man sich das Verteilen der Programmware in der von schlechten Geschäftszahlen geplagten Sendergruppe Pro Sieben Sat 1 derzeit vorstellen wie auf dem Basar: Da liegen die Spiele des Uefa-Cups, Blockbuster oder Serien auf dem Tisch, es kommen die Geschäftsführer der Sender Sat 1, Pro Sieben, Kabel 1 zusammen, und wer am lautesten ruft, bekommt die schicksten Teile. Wer sich andererseits nicht schnell genug wegduckt, muss die Füllmasse einpacken. Früher konnten sich die Programmmacher bei Kabel 1 selten wegducken. Für den kleinen Schwestersender blieben die Reste, Quotenträchtiges zogen andere an Land.

Die Rolle als kaltblütige Staranwältin Patty Hewes brachte Glenn Close in diesem Jahr bereits einen Golden Globe ein. (Foto: Foto: dpa)

Dass mit der Anwaltsserie "Damages" nun ein großartiges Stück aus Amerika bei Kabel 1 gelandet ist, darf man als Beleg für die gestiegene Bedeutung des Senders im eigenen Haus werten. Noch allerdings ist der Kabel 1-Marktanteil von der ersehnten Sechs-Prozent-Hürde und dem Konkurrenten Vox ein gutes Stück entfernt. 5,1 Prozent in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen gewann der Kanal im März, weniger als erhofft. Obwohl Senderchef Guido Bolten sich zuletzt mit Einheitsbrei wie dem Fast-Food-Duell (Sternekoch gegen Lieferservice) am Vorabend und der Diät-Doku am Abend alle Mühe gab, Quote zu machen. Um richtig vorwärts zu kommen, braucht es offenbar sogar im deutschen TV mehr.

"Damages" könnte das nun schaffen. Die mehrfach Oscar-nominierte Glenn Close ("Eine verhängnisvolle Affäre") verkörpert die New Yorker Staranwältin Patty Hewes - eine Rolle, die ihr in diesem Jahr bereits einen Golden Globe einbrachte. Völlig zu Recht, denn Close spielt die undurchsichtige Strippenzieherin mit dem stechenden Blick teuflisch gut. In der ersten Staffel strengt Hewes einen medienwirksamen Entschädigungsprozess gegen den Milliardär Arthur Frobisher (Ted Danson) an, der vor der eigenen Firmen-Pleite Mitarbeiter dazu gebracht hat, Geld in sein bankrottes Unternehmen zu investieren.

Mit allen Mitteln will die Anwältin eine Sammelklage durchsetzen. Doch es fehlen die Beweise. Diese soll die junge Rechtsanwältin Ellen Parsons (Rose Byrne) liefern, die zu diesem Zweck direkt von der Universität weggekauft wird. Mit dem allzu klassischen, leicht naiven Übereifer ehrgeiziger Berufsanfänger versucht die adrette Nachwuchsjuristin, es ihrer Vorgesetzten um jeden Preis recht zu machen - und ahnt erst nach und nach den wahren Grund für ihre Anstellung.

Dank gekonnter Zeitsprünge in eine düstere Zukunft ist der Zuschauer der emsigen Parsons immer einen Schritt voraus: Auf verwackelten Bildern sieht er sie bereits blutverschmiert durch den Verkehr in Manhattan irren, von Ermittlern beschuldigt, ihren Freund David (Noah Bean) ermordet zu haben. Wenn auch nicht vieles sicher ist in diesem perfekt inszenierten Verwirrspiel um Macht und Moral, soviel scheint klar zu sein: Der Job in Hewes' Kanzlei wird Parsons ins Verderben führen.

Schein und Sein

In dreizehn Folgen lüftet Regisseur Allen Coulter ("Die Sopranos") mit gekonntem Ping-Pong aus Vor- und Rückblenden das Geheimnis um das finale Desaster. Schritt um Schritt führt er den Zuschauer an die Wahrheit heran, lässt ihn die Grenzen zwischen Gut und Böse, zwischen Schein und Sein erspüren. Die Spannung lebt von Coulters Spiel mit dem Ungewissen: Der Zuschauer versucht ständig zu verstehen, weiß aber nie, woran er ist. Und immer dann, wenn er glaubt, die Wirklichkeit ein kleines Stück weit begriffen zu haben, wendet sich alles.

Von der sehenswerten Pilotfolge an gibt es deshalb nur noch eines: Man will wissen, was Patty Hewes tatsächlich im Schilde führt. Und ist froh, dass Kabel 1 jeden Montag zwei Folgen direkt hintereinander ausstrahlt.

Damages - Im Netz der Macht, Kabel 1, montags, 21.10 Uhr und 22.05 Uhr.

© SZ vom 28.4.2008/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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