Neu im Kino: "Warum Männer nicht zuhören...":Unerklärliche Schwächen

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Mit deutscher Gründlichkeit ist Leander Haußmann am Genre der Screwball-Comedy gescheitert: "Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken" hetzt die Figuren durch eine peinliche Nummern-Revue.

Fritz Göttler

Wär Leander Haußmann doch bloß beim Western geblieben. Beim Berliner Western, den er vor einigen Jahren mit einem subtilen Whiskey-Duell zwischen Herr und Hund zelebrierte, in seinem Film "Herr Lehmann". Klasse Timing, schön balanciertes Script - Sven Regener - und perfektes Underplay auf morgendlichem Gehsteig, von Christian Ulmen und Hund.

Für die Menschen und ihre Schwächen interessiert sich der Film leider wenig. (Foto: Foto: ddp)

Nun aber wollte sich Leander Haußmann seinen großen Kinotraum verwirklichen: American Screwball in einer deutschen Filmproduktion. Mit einer durchgedrehten deutschen Komödie an eine Tradition anknüpfen, die er hierzulande seit den Siebzigern für ausgestorben hält. Ein Projekt, das ehrgeiziger ist, als es auf den ersten Blick aussehen mag, und beträchtliche Anstrengungen erfordert. Aber wie oft hat man sich schon gefreut über Hollywoodkomödien und ihren Versuch, menschliches Verhalten auf eine klare Arithmetik zu reduzieren, auf emotionale Verhaltensformeln und soziale Logik, die elegant die Dynamik auf der Leinwand bestimmen.

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Was Haußmanns Film ins Straucheln bringt, ist erst mal die deutsche Gründlichkeit, mit der er sein Vorbild kopieren will. Und die seiner Buchvorlage, "Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken" von Allan und Barbara Pease, der im Untertitel als "Ganz natürliche Erklärungen für eigentlich unerklärliche Schwächen" verkauft wird. Ein Titel, der im Grunde danach schrie, zur Komödie weiterentwickelt zu werden.

Vermisste Tugend

Haußmann bekennt sich zur Formel des Bestseller-Paars, dass es die Unterschiede im genetischen Code sind, die das Zusammensein von Mann und Frau bestimmen, die ihr Verhalten vorprogrammieren und eine Gleichheit der Geschlechter generell ausschließen, die Vorstellung von Gender Correctness gnadenlos zertrümmern. Es ist, in dieser Hinsicht, der unappetitliche Steinzeitmensch, der im Modernen munter fortlebt. Das Urwüchsige unserer Gesellschaft macht der Film sichtbar, indem er die Hauptpersonen in Neandertalermasken steckt.

Dass ein internationales Sachbuch mit seinen forcierten Erkenntnissen die Vorlage liefert für eine Komödie, hat durchaus seine Logik. Alexander Kluge hat das in seinen Film- und Fernsehessays zu seiner Masche gemacht - diesen wissenschaftlichen Duktus, mit dem er kleine, banale Beobachtungen des Alltags konfrontiert. Wenn das kollidiert, kann es unglaublich komisch werden.

Entscheidend ist bei diesen lustvoll intellektuellen Abenteuern die Portion Ironie, auch Selbstironie, die immer im Spiel ist. Und dass man nie weiß, wann genau sie einsetzt. Das ist eine Tugend, die man bei Haußmann schmerzlich vermisst. Und schmerzlicher noch bei den meisten seiner Akteure und Actricen. Von Benno Fürmann bleibt am Ende nichts als ein absonderlicher Schnurrbart.

Hinterhof der Absurditäten

Wie Kluge ist auch Haußmann als Kommentator im Film präsent. Aber auf den Dialog mit dem Buch lässt sich der Film keine Sekunde ein. Er nimmt es als Steinbruch, nutzt seinen Materialwert. Menschliche Schwächen sind seit Jahrhunderten der Stoff, aus dem Komödien gemacht werden, dieser Mix aus Defizienz und Debilität, aus Beschönigungen und Halbwahrheiten, Schwindeleien und Lügen, unwillkommenen Erektionen und vorgetäuschten Orgasmen, die einen in schlimme Sackgassen manövrieren, in ausweglose Situationen, aus denen einen am Ende nur Aufrichtigkeit retten könnte.

Aber für die Menschen und ihre Schwächen interessiert sich der Film wenig. Stattdessen hetzt er die Figuren durch eine Nummern-Revue, durch einen Hinterhof deutscher Absonderlichkeiten und Absurditäten, die auch nicht vor einer peinlichen Rocker- und Transvestiten-Einlage zurückschreckt. Für echte Anarchie, für ein richtiges Chaos, wie Hollywood es in ungefähr jeder zweiten seiner Comedies hinlegt, sind deutsche Filmemacher womöglich zu verbildet, zu intellektuell.

Leander Haußmanns Film schließt einen Herbst ab, der das deutsche Kinopublikum mit einer Unzahl Komödien traktierte. Mit ambitionierten, weit ausholenden Stücken, die als Episoden-, Panorama-, Gruppen- und Familienfilme daherkamen, mit der Intention, deutsche Realitäten durchzuarbeiten: "Stellungswechsel" von Maggie Peren, "Pornorama oder Die Bekenntnisse der mannstollen Näherin Rita Brauchts" von Marc Rothemund, "Meine schöne Bescherung" von Vanessa Jopp, und irgendwie gehört, als skurriles Randstück, auch "Free Rainer" von Hans Weingartner dazu.

Inhalte und Impulse

Das Komödienkino als soziologische Anstalt. Die Urhorde ist unterwegs in diesen Filmen, die Großfamilie - in der die Liebe nicht unbedingt das wichtigste Element ist. Und die deutschen Schauspieler und Schauspielerinnen sind im Großeinsatz, Benno Fürmann, Martina Gedeck, Jessica Schwarz, Heino Ferch, Moritz Bleibtreu. Das deutsche Defizit in Sachen Komödie wird durch diesen geballten Einsatz wieder einmal evident. Dass die Komödie, als eigenes Genre, doch nicht so ernst genommen wird wie behauptet und angekündigt.

Dass die Leute hilflos chargieren, weil uns offenbar die erforderliche Balance zwischen Naivität und Reflexion fehlt. Dass statt Beiläufigkeit deshalb immer wieder Betulichkeit entsteht oder Besserwisserei. Schlimmer als jede Reality Show sind Leute, die von obenherab Reality Show spielen. In Gefahr und größter Not ist auch hier der Mittelweg der Tod.

Für einen Grad von Reflexivität sorgt in Haußmanns Film allemal Tilman Büttner, der für Sokurow die sensationelle Steadycam-Arbeit der "Russian Ark" machte - hier verpasst er dem Film einen sinnlichen Sechzigerjahre-Look, mit Reminiszenzen an Frank Tashlin und Doris Day, Kurt Hoffmann und Lilo Pulver. Das war die Zeit, als die amerikanische Komödie - und versuchsweise auch die deutsche - sich der Dekonstruktion verschrieb, dem Spiel mit ihren Versatzstücken.

Und ein Universum schuf - so hat Eric Rohmer es formuliert, vor fünfzig Jahren, im Novemberheft 1957 der Cahiers du Cinéma -, in dem die Sinuskurve Königin war, ganz im Gegensatz zur gewohnten Geraden des puritanischen und rationalistischen Amerika. Die Gesellschaft war reich und gesättigt damals, auch ihr kleines Abbild, das amerikanische Studiosystem, das in seiner letzten großen Blüte stand. Aber die Saturiertheit konnte die Hohlheit nicht kaschieren - dass die Inhalte und Impulse fehlten, dass die alten Geschichten ausgedient hatten und die neuen noch nicht erkennbar sind. Die Situation wäre ganz ähnlich heute, ein idealer Nährboden für Komödien.

WARUM MÄNNER NICHT ZUHÖREN UND FRAUEN SCHLECHT EINPARKEN, D 2007 - Regie: Leander Haußmann. Buch Rochus Hahn, Alexander Stever. Nach dem Buch von Allan und Barbara Pease. Kamera: Tilman Büttner. Musik: James Last. Mit: Benno Fürmann, Jessica Schwarz, Matthias Matschke, Annika Kuhl, Uwe Ochsenknecht, Nadja Becker, Sasha Schmitz, Thomas Kretschmann. Constantin, 103 Minuten.

© SZ vom 28.11.2007/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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