Netz-Depeschen:Der Wolf und die sieben Googlein

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"Wolfram Alpha" wagt den Kampf gegen Internet-Gigant Google. Die Suchmaschine soll auf konkrete Fragen der User reagieren und so als Orakel im Netz dienen.

J. Boie

Wer eine Internetseite, für die er sich Millionen Besucher erhofft, "Wolfram Alpha" nennt, muss entweder sehr viel Humor oder gar keinen haben. Man weiß nicht genau, wie es um den Programmierer Stephen Wolfram diesbezüglich steht, sicher ist hingegen, dass er wesentlich ernster zu nehmen ist als viele andere Menschen, die Google schon mal Konkurrenz machen wollten.

Das neue Internet-Orakel: Wolfram Alpha macht Google Konkurrenz. Noch ist die Seite im Aufbau. (Foto: Screenshot: sueddeutsche.de)

Wolfram, Sohn einer Professorin und eines Schriftstellers, schrieb als Teenager über Teilchenphysik und studierte Physik in Oxford. Heute ist er außerhalb der Forschergemeinde vor allem für die Software Mathematica berühmt, die er als Geschäftsführer seines eigenen Unternehmens entwickelte. Sein neuester Geniestreich ist die für diesen Monat angekündigte Suchmaschine "Wolfram Alpha" (http://www.wolframalpha.com), die - anders als Google und Konsorten - auf von Menschen gestellte Fragen exakte Antworten geben soll. Ihr Erfinder hat die Internetseite bereits in Harvard vorgestellt.

Die Software soll auf Fragen keine Antworten suchen, sondern sie berechnen. Denn weder liegen vorgefertigte Frage-Antwort-Paare in einer Datenbank bereit, noch gibt es eine Liste von potentiell passenden Dokumenten, derer sich "Wolfram Alpha" bedienen könnte. Stattdessen greift die Software auf öffentliche Datenquellen zurück. Dann würden "explizit implementierte Methoden und Modelle wie Algorithmen" eingesetzt, um die Daten zu sortieren, schreibt Wolfram etwas kryptisch in seinem Blog. Weil im Hintergrund viel gerechnet werden soll, ist eine ganze Menge Code der Mathematica-Software in "Wolfram Alpha" eingeflossen. Ein weiterer Teil der Software sorge dafür, dass Fragen die "Menschen in natürlicher Sprache stellen, in eine präzise Sprachform übersetzt werden, die von Computern verstanden wird".

Allerdings muss gerade deshalb die Frage nach der Google-Konkurrenz unbeantwortet bleiben. Der Suchmaschinen-Gigant hilft bekanntlich weniger bei der Beantwortung konkreter Fragen als bei der Suche nach bestimmten Inhalten in der Fülle des Netzes. So gesehen, könnte "Wolfram Alpha" vor allem der Mitmach-Enzyklopädie Wikipedia Konkurrenz machen. Es sei eine sehr schwierige Aufgabe, die er sich da vorgenommen habe, schreibt Wolfram selbst in seinem Blog. Trotzdem ist er nicht der einzige, der vom Erfolg seiner Software bereits heute überzeugt ist. Douglas Lenat, Spezialist für Webentwicklungen, durfte die Suchmaschine bereits in Aktion sehen. Und war beeindruckt.

Bis zum Wochenende war auf der Seite wolframalpha.com jedoch wenig mehr zu finden, als die Information, dass es im Mai losgehe mit präzisen Antworten auf menschliche Fragen. Am Sonntag allerdings war die Seite für längere Zeit nicht erreichbar - was oft ein Zeichen dafür ist, dass im Hintergrund kräftig gearbeitet wird. Die Spannung steigt also. Und noch gibt es keine Webseite, die man fragen könnte: "Du, sag mal kurz, wann geht Wolfram Alpha denn nun endlich online?"

© SZ vom 4.5.2009/bey - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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