Musik: Newcomer Yoav Sadan:Klampfe kurios

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Was tun mit einem Songwriter, der barfuß mit seiner Akustikgitarre auf der Bühne steht? Ganz einfach: Staunen, wie er einem Elektro-Beats um die Ohren haut.

Caroline Daamen

"Ich bin schon immer gerne barfuß rumgelaufen", erklärt Yoav Sadan, als der Blick zur Begrüßung auf seine Füße fällt. Keine Schuhe. Klar. "Ist wahrscheinlich so ein Afrika-Ding. Da sind alle barfuß unterwegs."

Will jetzt auch Amerika erobern: Yoav Sadan. (Foto: Foto: Emiliie Elizabeth)

Aufgewachsen ist der 29 Jahre alte Israeli in Kapstadt, bevor es ihn auf der Suche nach der großen Musikkarriere Richtung New York und London verschlug.

Auf der Bühne steht er eigentlich immer barfuß. Schon wegen der Sampler, die er bei seinen Auftritten einsetzt. "Die kann ich nur mit den Füßen bedienen. Und Sandalen sind nicht gerade Rock 'n' Roll." Auch wieder wahr.

"Ich bin ein DJ mit meinen Füßen." Und tatsächlich: Wo andere ihre Decks bemühen, reicht Sadan seine Gitarre. Klingt komisch - und ist es auch. Da kann die Plattenfirma lange beteuern, dass dieser Gitarrenfreak jeden einzelnen Ton seines Albums selbst eingespielt hat.

Ein-Mann-Band

Erst live wird wirklich deutlich, was dieser zurückhaltende Einzelgänger da an Drums, Beats und unwiderstehlichen Hooklines - eingängige Melodien - nur auf seiner Akustikgitarre zusammenzaubert. Wozu eine ganze Band im Rücken, wenn man das Publikum auch ganz alleine in seinen Bann ziehen kann? Vielleicht sperrig im Ansatz aber erstaunlich im Ergebnis.

Doch der Weg dorthin ist nicht ganz einfach - für Künstler wie Zuhörer. Selbst wenn man einige seiner eigenwilligen Stücke wie das timbalandeske "Club Thing" oder das hypnotische "Adore Adore" schon aus dem Internet kennt, ist nicht klar, was live zu erwarten ist.

"Das ist oft so", gerinst Yoav, wie er sich schlicht nennt. "Trete ich zum Beispiel vor der Hauptgruppe auf, denken viele nur 'Oh nein, schon wieder so ein Gitarren-Typ'." So geschehen beim Konzert der britischen Elektro-Truppe Underworld. "Da habe ich einfach mit einem Dancebeat losgelegt, um sie ein wenig zu schocken." Das Rezept: "Ich mag es, überraschend zu sein."

Schrammelndes Klischee?

Sich von der Masse abheben, anders sein, seinen eigenen Weg gehen. Wer will das nicht? Klingt doch auch prima, wenn man als Künstler für sich in Anspruch nehmen kann, nicht die alltäglichen Klischees zu bedienen.

Doch dann steht da ein zurückhaltender Schlaks mit Brille und Wuschelkopf mit seiner Gitarre barfuß auf der Bühne. Kurz: der Inbegriff des schrammelden Singer-Songwriter-Klischees. Noch dazu an einem Abend, an dem die Entscheidung "Biergarten oder Hinterhof-Klub" schon schwer genug ist.

Doch dann schaltet Yoav Sadan im Münchner Klub 59:1 die kleinen Verstärker-Boxen an und beginnt, mit den Füßen an seinen Loop- und Delaypedals herumzufrickeln. Die Akustikgitarre wird mit einem Schlag zur Percussiontruppe mit Kick- und Snaredrums, die klubtaugliche Grooves und Loops ins Rund werfen, begleitet von seinem eindringlichen Falsett.

"Sometimes a man is a lost cause in a strange town and a cruel world. Sometimes the truth is hard to find." Zupfen, klopfen, scratchen, schraddeln, hineinsummen - die Möglichkeiten, der Gitarre neue Klangfolgen zu entlocken scheinen endlos. Und die Songs erzählen spannende Geschichten.

Die kleine Schar im 59:1 hat den Biergarten längst vergessen, das Absonderliche wird zum Ereignis. Und alles nur, "weil ich einfach schlecht am Computer bin". Also wird alles mit der Gitarre handgemacht, Yoav verbindet spielerisch "die lyrische Sensibilität eines Troubadours mit dem Instinkt der Chemical Brothers für einen Dancefloor-Hook" ( The Independent).

Nach den "cold countries" kommt Amerika

Nun wird deutlich, weshalb für die britische Music Week bereits feststeht, dass Yoav zu den Durchstartern 2008 gehört. Nach einigen erfolglosen Anläufen im Haifischbecken Musikbusiness käme das Sadan gerade recht.

Bisher hat er sich vor allem in den "cold countries", wie er sie nennt, einen Namen gemacht: Dänemark, Russland und Kanada bescheren ihm gutbesuchte Konzerte und Chartplatzierungen. Im Vorprogramm von Tori Amos hat er nun schon die große Kulisse ausgetestet und langsam steigen auch die Zuschauerzahlen, wenn er ganz alleine den Ton angibt. Doch da ist noch Luft nach oben.

"Natürlich will ich immer mehr erreichen. Zum Beispiel Amerika erobern", beteuert er mit ernster Miene. Wohlwissend, dass seine eher melancholisch-düster angehauchte Pop-Hiphop-Elektro-Platte "eher von Mundpropaganda lebt. Das dauert vielleicht noch ein Jahr." Für ihn kein Problem. Der Einzige, der sich noch Sorgen um ihn macht, ist sein Vater: "Der fragt immer, ob ich davon auch leben kann." Kann er.

Das Album "Charmed & Strange" erscheint in Deutschland am 12. September (Universal/Island).

Yoav im Netz - mit Anleitung für die Beat-Gitarre http://artists.universal-music.de/_artists/yoav/factsheet/video_02.html

Yoav bei myspace http://www.myspace.com/yoavmusic

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