Museumsführer:Alle Pracht und Herrlichkeit

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Der erste Überblicksband der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen zeigt, dass nicht nur die Pinakotheken in München eine Reise wert sind

Von Evelyn Vogel

Wer von den Pinakotheken in Bayern spricht, denkt in der Regel an die drei großen Häuser in München, die den Namen schon im Titel tragen: An die Alte Pinakothek mit ihren überreichen Schätzen Alter Meister, an die Neue Pinakothek mit ihrer beeindruckenden Sammlung der Kunst des 19. Jahrhunderts sowie an die Pinakothek der Moderne, die gleich vier Sammlungen vereint: die der Grafik, des Designs, der Architektur und der Modernen Kunst.

In dem kürzlich im Hirmer Verlag erschienenen Sammlungsführer - nicht schwergewichtig, wie erwartet, sondern überraschenderweise sehr handlich - werden zudem drei weitere Münchner Standorte der Pinakotheken in Bayern ins rechte Licht gerückt: die von Liebhabern geschätzte, aber oft zu wenig beachtete Sammlung Schack, das mittlerweile durch eine Neueinrichtung wieder in aller Munde geführte Museum Brandhorst und - etwas überraschend ob dieser eigenständigen Stellung - das Türkentor, das einzig einer Arbeit Walter de Marias als Behausung dient.

Der zweite, etwas umfänglichere Teil des Sammlungsführers ist jenen Filialgalerien außerhalb der Landeshauptstadt gewidmet, von denen auch viele Museumsgänger oft nicht wissen, dass sie Teil der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen sind: 13 Häuser an zwölf Standorten in ganz Bayern, von Ansbach bis Würzburg. Einleitet wird dieser Streifzug von einem Fotoessay des Münchner Künstlers Martin Fengel, der allem voran sehr schöne, subjektive Raumeindrücke vermittelt.

Der neue Sammlungsführer bietet erstmals einen Überblick, wo welche Teile des Bilderschatzes zu sehen sind, welche Schwerpunkte gesetzt werden, zudem Hinweise auf die Historie und die Architektur. Kenntnisreich sind die Beiträge der verschiedenen Referenten und Kuratoren der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen allesamt, manche funkeln gleichsam und sind von Anschaulichkeit durchdrungen.

Von den weit mehr als 25 000 Kunstwerken, die in fünf Jahrhunderten durch fürstliches, königliches, staatliches und bürgerliches Sammeln zusammengetragen wurden, eine Auswahl zu treffen, war gewiss nicht leicht. War es wichtiger, die in vielen Filialgalerien betonte lokale Komponente hervorzuheben, die Highlights der jeweiligen Präsentationen in den Vordergrund zu stellen, Raritäten ins rechte Licht zu rücken oder mit einem "Best-Of" den Leser zu verlocken, beispielsweise in die Ansbacher Residenz oder ins Aschaffenburgische Schloss Johannisburg zu reisen? Und wie kann man Besucher, die in Augsburg den Ableger der Pinakothek der Moderne in der Industriearchitektur des Glaspalastes besuchen, dazu verführen, die etwas versteckt liegenden Galerie in der Katharinenkirche mit den wunderbaren Tafeln von Holbein und Burgkmair aufzusuchen?

Ja, der Sammlungsführer sollte ein echter "Verführer" werden, der die Leser in die Neue Residenz nach Bamberg lockt, ins Neue Schloss nach Bayreuth, in die Burg von Burghausen, nach Füssen ins Hohe Schloss, ins Schloss nach Neuburg an der Donau, nach Oberschleißheim ins Neue Schloss Schleißheim, in die Benediktinerabtei nach Ottobeuren, die Residenz nach Würzburg und schließlich auch ins einzige monothematische Haus unter den bayernweiten Ablegern, das Gulbransson-Museum in Tegernsee. Das ist an vielen Stellen sehr gelungen. Und dort, wo er nicht verführt, informiert er zumindest.

Die Pinakotheken in Bayern , Hg. Bernhard Maaz, mit einem Fotoessay von Martin Fengel. Hirmer Verlag München, 180 Seiten, 12,90 Euro

© SZ vom 07.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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