Münchner Palais:Mithilfe des Schwarms

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Allitera-Verlag finanziert erstmals Prachtband durch Crowdfunding

Von Geraldine Oetken, München

Kleinvieh macht auch Mist. Auch dank kleiner Beiträge kommt möglicherweise das nötige Geld zusammen. Hofft zumindest Dietlind Pedarnig, Lektorin beim kleinen Münchner Verlag Allitera. Sie tauchte vor fünf Jahren ein die Welt der Münchner Aristokratie und recherchierte zu deren Wohnhäusern, den 54 Münchner Palais aus dem 17. bis 20. Jahrhundert, von denen nur noch acht vollständig erhalten sind. Die Kosten für so einen Prachtband sind allerdings zu hoch für ihren Verlag. Aber Perdarnig will ihr Buch in den Schaufenstern sehen. Auch, weil die gesamte Geschichte der Münchner Palais, die von Aufstieg und Verfall erzählen, noch nie aufgeschrieben wurde.

Auf das Thema hat sie ihr inzwischen gestorbener Co-Autor Konstantin Köppelmann gebracht. "Inzwischen hat das Manuskript 600 Seiten und 1000 Abbildungen", sagt Perdarnig. Mit einem Crowdfunding-Aufruf will sie nun die fehlenden 15 000 Euro für die Realisierung des Hardcover-Bandes in hochwertigen Vierfarbendruck auftreiben. Bereits 6000 Euro hat sie eingesammelt, knapp einen Monat läuft der Spendenaufruf noch. Um Unterstützer zu erreichen, drehte sie ein Video und jagt Mails durch alle möglichen Verteiler: "Heute morgen fing ich um drei Uhr an", sagt Pedarnig.

Neu ist das Phänomen der Schwarmfinanzierung nicht, seit 2010 wird Crowdfunding verstärkt genutzt. Unterstützer spenden dabei für das präsentierte Projekt auf Internetplattformen wie startnext.com oder kickstarter.com einen Betrag und dürfen sich im Gegenzug Dankeschöns aussuchen wie zum Beispiel die signierte Ausgabe eines dann fertigen Buchs. Wenn das Projekt nach einer bestimmten Zeit die nötige Geldsumme nicht erreicht, kriegen die Unterstützer ihr Geld zurück. Im Gegensatz zur Musik- und Filmbranche ist der Schwarm spät bei den Buchverlagen angekommen, dann aber viel debattiert worden. Kommerzielle Verlage sollten nicht auf Spenden setzen, so der Vorwurf. "Für kleine Verlage, wie wir es sind, birgt Crowdfunding die Chance, auch kostspielige Projekte zu wagen", sagt hingegen Alexander Strathern, Geschäftsführer des Allitera-Verlags. Dennoch, ein Allheilmittel sei das nicht: "Ein Buch aus eigenen Mitteln zu finanzieren, ist die Hauptaufgabe eines Verlages, egal wie klein er ist", sagt er.

Für den Allitera-Verlag ist der Palais-Band das erste Experiment dieser Art. Weitere würde Strathern, allerdings wohldosiert, befürworten. Dietlind Pedarnig möchte mit ihren Palais hingegen nicht nur bewahren und aufarbeiten, was bereits verschwunden ist. "Architektur ist immer einem Wandel unterworfen", sagt sie. Und erst wenn Alt auf Neu stößt, dann werde die Stadt lebendig. Und vielleicht bringt das Nebeneinander von alten und neuen Strategien auch neues Leben in den Buchhandel.

Weitere Informationen zum Projekt: www.startnext.com/muenchnerpalais

© SZ vom 21.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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